Hot! Hot! Hot!Interview mit Celeste, dem nächsten großen Soul-Megastar nach Adele
Mit ihrem Hit „Strange“ bringt Celeste (Waite) alle zum Weinen. Spätestens seit den Brit Awards 2020, wo sie den Preis als „Rising Star“ mit nach Hause nahm, ist klar: Die britische Singer-Songwriterin mit der Ausnahme-Soulstimme hat das Zeug zum nächsten Weltstar.
Diese Woche hat die 26-Jährige mit „Not Your Muse“ endlich ihr Debütalbum veröffentlicht, das von der Liebe handelt.
Welche Rolle Lily Allen dabei spielte, warum im Februar trotz Lockdown ein ganz besonderer Valentinstag auf Celeste wartet, und wie sie Teil der aktuellen Gucci-Kampagne wurde, verriet sie klatsch-tratsch.de-Starreporterin Katja Schwemmers im Zoom-Interview.
Celeste, die Sängerin Lily Allen brachte 2017 Ihre erste EP auf ihrem Label heraus. Hat Ihnen das die Karriere geebnet?
Es hat definitiv geholfen. Ich hatte zuvor nie die Möglichkeit, Musik mit einem Plattenlabel im Rücken zu veröffentlichen. Ich konnte also erst mal sehen, wie der Hase läuft, wenn man überhaupt eine Plattenfirma hat. Nachdem diese Beziehung zum Ende kam, hatte ich allerdings das Gefühl, es würde auch das Ende meiner Karriere bedeuten. Ich dachte, ich hätte diese kleine Chance gehabt, und sie wäre verpufft. Ich fiel in ein Loch und wusste nicht wirklich, wie es weitergeht. Ein Jahr ging das so, bis ich schließlich meinen heutigen Manager traf und kurze Zeit später bei Polydor unter Vertrag genommen wurde.
Und Lily ist jetzt sauer?
Nein, ich denke, sie ist glücklich, dass ich jetzt mein Ding mache. Sie weiß, wie hart es im Musikbusiness sein kann.
Anfang 2020 haben Sie dann den Brit Award gewonnen, aber Ihr Album war noch nicht fertig. Schart man da nicht mit den Hufen?
Klar, ich wollte reisen, jeden Tag Shows spielen, aber musste dann wieder umschalten auf ein anderes Mindset, um weiter an der Platte schreiben zu können. Denn wenn so viel passiert – Videodrehs, Konzerte, TV-Auftritte – bist du nur auf „Go! Go! Go!“ programmiert und funktionierst einfach. Du hast einen Fokus, der dich körperlich da durch bringt und gut sein lässt, was aber nicht zwingend im Einklang steht mit deinen Emotionen. Doch genau an die muss ich beim Songschreiben ran, um mich mit der Musik ausdrücken zu können. Wenn beides zusammentrifft, also die Arbeit mit dem Inneren und die Arbeit nach Außen, kann das körperlich schon sehr ermüdend sein. In dem sich alles durch die Pandemie verlangsamte, kam ich in einen Zustand, wo ich viel sensibler und offener war für das, was um mich herum passierte. Mein Herz war quasi freigelegt. Das war gut, um die Platte fertigzustellen.
Kritiker sagen Ihnen nun eine Weltkarriere voraus. Sind Sie bereit dafür?
Letzte Woche ist es mir um die Ecke von meiner Wohnung in London zwei Mal passiert, dass Leute mich auf der Straße ansprachen. Das war das erste Mal, dass das passierte. Erst in dem Moment fing ich an darüber nachzudenken, wie sich mein Leben nun verändern könnte. Ich habe durch das Pandemie-Jahr überhaupt kein Gefühl dafür, wie enthusiastisch die Leute mir und meiner Musik gegenüber wirklich sind. Ich merke zwar, dass sich bei Social Media eine Fanbase gebildet hat, aber da ich keine Leute treffe, weiß ich nicht, was das in der realen Welt bedeutet. Es wird also eine Überraschung!
Sie ernten Vergleiche mit Amy Winehouse, Billie Holiday und Sade. Wie fühlen Sie sich damit?
Vergleiche können am Anfang einer Karriere hilfreich sein, weil sie eine Verbindung zu dem Publikum besagter Größen herstellen. Aber nach einer Weile musst du beweisen, dass du noch andere Nuancen zu bieten hast mit dem, was du tust. Es reicht auch nicht zu sagen „Ich bin anders“. Du musst zeigen, dass du es bist. Was aber oft vergessen wird: Es sind Vergleiche mit der vollendeten Version dieser Superstars; sie haben bereits ihr ikonisches Album herausgebracht. Ich bin aber noch auf dem Weg dorthin.
Fiel es Ihnen schwer, zum Kern Ihrer Selbst zu finden?
Schon. Ich musste mich fragen, wer ich wirklich bin und meinem eigenen Urteil vertrauen – unabhängig von allen Vergleichen und den großen Erwartungen seitens der Musikindustrie. Der Anspruch an mich ist, einerseits Einfluss zu nehmen mit meiner Musik, andererseits soll es sich nicht anhören wie ein gewöhnlicher Pop-Soundtrack.
War denn Amy Winehouse eine Inspiration?
Zu ihren Hoch-Zeiten war ich noch etwas zu jung, um komplett zu verstehen, was sie in ihrer Musik ausdrückte. Erst als Erwachsene mit 22 fand ich einen Zugang. Ich verstand plötzlich ihre Aussagen über Sex, Liebe oder Drogen. Die größere stimmliche Inspiration kam aber von Künstlern wie Billie Holiday, Nina Simone und Aretha Franklin. Ich habe ihre Phrasierungen beim Gesangs geradezu studiert, in dem ich wie besessen über Jahre ihre Musik hörte. Ich habe nicht versucht, genauso zu klingen wie sie, aber so viel wie möglich davon mitzunehmen.
Ihr Neo-Soul hat durchaus etwas Nostalgisches.
Mein Album klingt schon ein bisschen Retro. Meine Mutter wurde in den Sechzigern am Stadtrand von London geboren, mein Vater kommt aus Jamaika. Aus diesen beiden Strömungen entstand der Ska in England, von dem sich Ansätze auch auf meiner Platte wiederfinden, zum Beispiel im Song „Beloved“. Noch mehr kommt dieses Gemisch allerdings in meiner Mode zum Ausdruck. Meine Mutter war Mod, mein Großvater war ein Teddyboy. Mein Vater trug diese unglaublichen Anzüge in tollen Farben und darunter Poloshirts in Stretchstoff. Diese Silhouetten haben mich als Kind sehr beeinflusst.
Sie sind Gesicht der aktuellen „Beloved“-Kampagne des italienischen Modelabels Gucci. Wie kam es dazu?
Einige Leute, die für Gucci arbeiten, waren bei einer meiner Shows, ohne dass ich es wusste. Meine Stylistin nahm Kontakt zu ihnen auf, und sie meinten, dass ihnen mein Konzert gefallen habe und sie meinen Stil mögen würden. So begann die Beziehung. Es sind einfach sehr angenehme Menschen. Sie machen Outfits, die gut zu meiner Körperform passen. Denn bisher bekam ich die Kleidungsstücke von Modefirmen in Größe 4, bestenfalls in 6, ich liege aber zwischen 12 und 16 – je nachdem, wo ich einkaufe. Oftmals ist dann die Attitüde: Wenn du uns tragen willst, dann kriegst du es hin, dort hinein zu passen. Zum Glück setzt Gucci seine Leute nie so unter Druck. Das lies mich echt gut fühlen. Davon mal abgesehen, kann ich mich gut identifizieren mit der Diversität, die sie zum Ausdruck bringen.
Freuen Sie sich schon auf die After-Lockdown–Gucci-Partys mit Harry Styles, Florence Welch und Iggy Pop?
(lacht) Mal schauen, ob das passiert. Ich kann es jedenfalls nicht abwarten, bis ich anfangen kann, die Welt zu bereisen und Shows in verschiedenen Ländern zu spielen. Da lernt man dann zwangsläufig viele andere Künstler kennen.
Ist Ihr Riesen-Afro auch als Statement zu verstehen?
Er wurde zum Statement! Als Teenager trug ich meine Haare immer glatt. Bis ich es an einem Sommertag zum ersten Mal als Afro frisierte. Meine Freunde meinten, wie schön es aussehen würde. Und ich fühlte mich einfach nur befreit. Ich hatte das Gefühl, mit natürlichem Haar ehrlicher zu mir selbst zu sein. So fing es an. Dann las ich darüber, wie in den Sechzigern Farbige in der US-Bürgerrechtsbewegung ihr natürliches Haar zum Ausdruck ihres Stolzes in Bezug auf „Black Power“ einsetzten. Ich hoffe, dass ich junge Frauen dazu animieren kann, ihre natürliche schwarze Schönheit preiszugeben.
Ihre Texte porträtieren Sie als eine Frau, die sich nach Liebe und Romantik sehnt, die sich dafür aber nicht verbiegen lassen will. Welches Image von Frauen möchten Sie rüberbringen?
Interessant, dass Sie diese zwei Aspekte herauspicken, denn das ist exakt die Person, die ich bin. Ich hatte immer das Verlangen nach tiefgründiger Liebe, aber ich bin mir auch bewusst, dass ich mich nicht verändern werde, um in diese Art von Beziehung zu passen. Zum Glück habe ich nun genau diese Liebe gefunden, die mir fehlte. Es hat lange gebraucht, an diesen Punkt zu kommen. Aus Angst, verletzt zu werden, hatte ich eine Mauer des Selbstschutzes um mich herum gebaut.
Was haben Sie über die Liebe gelernt?
Es gibt das Buch „Love Is A Many Trousered Thing“ von Louise Rennison. Meine Interpretation davon ist: Liebe ist komplexer, als einfach nur jemanden zu lieben und geliebt zu werden. Es geht darum, die beste Version von dir selbst für diese Person zu sein und bedingungslos zu lieben.
Im neuen Video zu „Back To Love“ tragen Sie den Afro sogar in Herzform. Haben Sie einen Tipp, wie man am Valentinstag punkten kann?
Etwas an der Türschwelle hinterlegen, klingeln und weglaufen – das fände ich romantisch. Und Corona-konform ist es auch noch.
Wie werden Sie den Valentinstag im Lockdown verbringen?
Ich werde mich mit meinem Liebsten zu Hause ordentlich rausputzen, ein schönes Essen kochen und Musik hören. Es ist das erste Mal für mich, dass ich am Valentinstag einen festen Freund habe. Auch für ihn wird es das erste Mal sein, dass er an dem Tag der Liebe nicht alleine ist. Wir werden es also genießen.
Ihr Freund Sonny Hall ist Dichter, oder?
Ja, ein richtig guter sogar! Vielleicht dichtet er ja zum Valentinstag für mich? Aber eigentlich spielt das keine Rolle, denn er hat auch so jede Menge Poesie in mein Leben gebracht.
Das Debüt-Album „Not Your Muse“ (Polydor/Universal Music) seit Freitag erhältlich.