Neuer Roman "Fun"Bela B Felsenheimer: So denkt er heute über Rockstar-Exzesse

Bela B. von Die Ärzte setzt sich kritisch mit der Vergangenheit auseinander, auch mit der eigenen. (dr/spot)
Bela B. von Die Ärzte setzt sich kritisch mit der Vergangenheit auseinander, auch mit der eigenen. (dr/spot)

imago/Berlinfoto / christina kratsch

SpotOn NewsSpotOn News | 24.01.2025, 17:45 Uhr

Die-Ärzte-Star Bela B Felsenheimer spricht in einem aktuellen Interview über seinen neuen Roman "Fun", der von Missbrauch im Rockgeschäft handelt. Der Musiker übt dabei auch Selbstkritik an eigenen früheren Verhaltensweisen.

Vier Jahrzehnte Erfahrung im Rockbusiness – das prägt. Der Die-Ärzte-Schlagzeuger Bela B Felsenheimer (62) blickt heute kritischer auf die wilden Jahre des Sex, Drugs & Rock'n'Roll als früher. In seinem neuen Roman "Fun" thematisiert der Musiker nun die Schattenseiten der Branche und patriarchale Strukturen im Musikgeschäft. Im Interview mit dem Magazin "Spiegel" spricht er offen über die Veränderungen in der Szene.

Video News

"Rock'n'Roll ist immer auch ein sexuelles Versprechen, das ist Teil seiner DNA", erklärt Bela B. Früher habe er aber die Groupie-Kultur noch deutlich anders gesehen: "Als ich anfing, Musik zu machen, und Bands und Rockmusiker verehrt habe, war 'Sex & Drugs & Rock'n'Roll' natürlich in meinem 16-jährigen Kopf."

Kritischer Blick auf die eigene Vergangenheit

Heute sieht der Die-Ärzte-Star vieles anders. So habe die Band einige ihrer frühen Songs aus dem Repertoire gestrichen – etwa "Elke", das Fat Shaming und Misogynie vereine. "Das ist letztes Jahrtausend", gibt sich Felsenheimer selbstkritisch. Auch für einen makabren Scherz bei einem Konzert, bei dem er und Bandkollege Farin Urlaub (61) sich über K.o.-Tropfen lustig machten, entschuldigt er sich: "Kein Moment, auf den wir sehr stolz sind."

Der Musiker plädiert für mehr Achtsamkeit in der Branche. Bei Konzerten seiner Band gebe es mittlerweile Awareness-Teams, die auf übergriffiges Verhalten im Publikum achten. "Es gibt zum Beispiel auf jedem Konzert Grapscher, Leute, die Frauen und Männer im Gerangel an intimen Stellen anfassen", berichtet er. In solchen Fällen würden die Täter des Konzerts verwiesen.

Entwicklung statt Stillstand

"Was ist daran falsch, sich zu entwickeln? Achtsamer zu werden?", fragt Felsenheimer. "Ich bin kein 'Früher war alles besser'-Punk." Auch politisch habe sich seine Haltung gewandelt. Während Die Ärzte in den 1980er-Jahren noch betont unpolitisch auftraten, wisse er heute: "Es ist unmöglich, unpolitisch zu sein. Die Behauptung des Unpolitischen ist ja schon eine politische Aussage."

In seinem Roman "Fun" beschreibt der Musiker ein Missbrauchssystem einer fiktiven deutschen Rockband. Auch wenn viele Leser Parallelen zu realen Fällen ziehen dürften, betont er: "Es liegt mir nicht daran, von einem Skandal von vor zwei Jahren zu profitieren." Vielmehr gehe es ihm um systematische Probleme in der Gesellschaft.

Perspektivwechsel notwendig

Der Punk-Rocker sieht die Notwendigkeit für Veränderung: "Feminismus funktioniert besser, wenn ihn auch Männer verinnerlichen. Wenn wir aufhören, eine Frau als Trophäe oder Sache zu betrachten." Für seinen Roman holte er sich gezielt weibliche Blickwinkel ein: "Ich habe jedenfalls nur meinem persönlichen Umfeld das Buch vorab zum Lesen gegeben. Fast ausschließlich Frauen, weil ich viel aus der Perspektive von Frauen schreibe. Da reicht es nicht nur, sich etwas anzulesen."

Dass die Rockmusik nicht nur von Frauenfeindlichkeit geprägt war, zeigt er am Beispiel David Bowies (1947-2016) auf, "der mit Ziggy Stardust das erste massenwirksame non-binäre Wesen der Popgeschichte geschaffen hat". Sein Fazit bleibt differenziert: "Es ist nicht alles schwarz oder weiß."