InterviewBonnie Tyler über Botox, Bohlen und ihren Gesichtszwilling
Bonnie Tyler sprach jetzt über Botox, Fitness, ihren Gesichtszwilling Frauke Ludowig, eine Champagner-Dusche von Jürgen Drews, ihre Zusammenarbeit mit Dieter Bohlen, ihr Faible für Rod Steward, Flops, Ständchen im Flugzeug, Geschlechterkämpfe, unerfüllte Wünsche und ihren Traum.
So blond wie ihr Haar, so herb ist ihre Lache: Bonnie Tyler (67) sitzt gut gelaunt im Kaminzimmer eines Hamburger Luxus-Hotels und trinkt literweise Tee. Ihre Reibeisenstimme wird das Heißgetränk zwar nicht weicher machen, aber das ist in ihrem Fall Glück. Nach einer missglückten Stimm-OP Ende der Siebziger wurde das raue Organ zum Markenzeichen der Waliserin. Ihre Songs „It’s A Heartache“ und „Total Eclipse Of The Heart“ gehören bis heute zu den kommerziell erfolgreichsten Singles aller Zeiten. Ihr 17. Album „Between The Earth And The Stars“, das einige exklusive Duette bereithält, veröffentlicht Tyler Mitte März.
Mrs. Tyler, kennen Sie den Satz von Peter Illmann aus der Musikshow „Formel Eins“: „Keine ist geiler als die Tyler!“?
Der Spruch ist nicht totzukriegen! Der verfolgt mich seit den Achtzigern bis heute. Aber ich sehe den als Kompliment. Denn geiler bedeutet doch so viel wie sexier, oder? (lacht)
Was verbinden Sie mit den Achtzigern?
Große Erfolge mit Jim Steinman. Aufregende Zeiten. Und jede Menge toupiertes Haar. Die wurden mir allerdings auch mal zum Verhängnis.
Wie das?
Wie heißt noch gleich der gut aussehende Typ, der so oft das „Bravo“-Cover zierte? Jürgen Drews! Ich war mit ihm und Freunden in einem italienischen Restaurant in Hamburg, wo die Kellner beim Servieren sangen. Ich ging oft nach der Studioarbeit dorthin – aber dieser Abend wurde unvergesslich. Wie in den frühen Achtzigern üblich, hatte ich jede Menge Haarspray auf dem Kopf. Ich wollte gerade mit den anderen anstoßen, lehnte mich etwas ungeschickt zurück, und mein Haar fing an einer Kerze Feuer. Jürgen Drews sah die Flammen auf meinem Kopf, griff beherzt zur Flasche und verpasste mir spontan eine Champagner-Dusche!
Haben Sie gelacht?
Nein! Ich hatte bis zu dem Zeitpunkt ja noch nicht mal gemerkt, dass mein Haar brannte, und dachte nur: „Was zur Hölle ist hier los?“ Das Bemerkenswerte war, dass es den Brand wirklich löschte. Jürgen Drews hat also quasi mein Leben gerettet! (lacht) Er hatte echt eine schnelle Reaktionszeit.
Wie wild waren Sie im Umgang mit anderen Rockstars?
Es waren meist nur kurze Begegnungen. Ich bin ja schon seit 1973 glücklich verheiratet. Aber es gibt ein Foto von mir aus den Siebzigern Backstage im New Yorker Madison Square Garden mit Jon Bon Jovi und Little Steven, wo die Beiden mich auf Händen tragen. Jon trägt darauf Lederjacke, wo vorne das Brusthaar rausguckt. Und ich habe dieses breite Grinsen auf meinem Gesicht…
Haben Sie jemals Drogen genommen?
Nein, nie. Meine Droge ist roter Wein. (singt „Red Red Wine“ von UB40) Oder auch mal ein Whisky vorm Zubettgehen. Die Leute denken ja immer, ich gurgele mit Whisky. Das ist zwar keine schlechte Idee, stimmt aber nicht.
Was tun Sie dann für Ihre Stimme?
Ich rufe meinen Vocal-Coach an, 15 Minuten vor jedem Auftritt. So geht das schon seit sieben Jahren. Er hat meine Stimme stark gemacht.
Auf Ihrer neuen Platte singen Sie ein Duett mit einer anderen, sehr berühmten Reibeisenstimme…
Ich war ja schon immer die weibliche Antwort auf Rod Stewart! Insofern war unser Duett längst überfällig. Ich bin unglaublich stolz, dass Sir Rod Stewart Lust hatte, mit mir zu arbeiten.
Es sind insgesamt drei Sirs in die Platte involviert. Hatten Sie diesbezüglich ein Konzeptalbum im Auge?
Nein, aber das ist eine gute Idee fürs nächste Album! Mit Sir Cliff Richard bin ich befreundet. Ich lebe ja die meiste Zeit in Portugal. Auch Cliff hat dort ein Haus. Als er hörte, dass Sir Barry Gibb einen Song für meine Platte geschrieben hatte und Francis Rossi von Status Quo ein Duett mit mir singt, der einen Orden des Britischen Königsreichs besitzt, fragte er fast ein wenig beleidigt: „Was ist mit mir?“ Er hat seinen Gesangspart von „Taking Control“ allerdings in seinem Domizil auf Barbados eingesungen.
Haben Sie ihn dort auch schon mal besucht?
Klar! Mein Mann und ich haben im letzten Jahr mit Cliff unseren Urlaub verbracht. Eines Abends sind wir mit Freunden von ihm zum Abendessen gewesen. Und einer der Gäste war Rod Stewards bester Freund aus Schultagen: Ricky Simpson, ein schottischer Millionär. Ich habe ihn angefleht, dass er mich in Kontakt bringt mit Rod. So kam unser Duett überhaupt erst zustande. Irgendwann hat sich Rod dann tatsächlich via Email bei mir gemeldet und gesagt: „Darling, ich singe das Lied gerne mit dir.“
„Battle Of The Sexes“ – Kampf der Geschlechter – heißt der Song, den Sie gemeinsam darbieten. Gibt es einen Geschlechterkampf?
Das könnte man heutzutage annehmen. Manche haben mich gefragt, ob das Lied irgendwas mit der #MeToo-Debatte zu tun hat. Nein, hat es nicht! Ich unterstütze die #MeToo-Bewegung nicht. Ich interpretiere die Songs nur glaubhaft. Wenn man jung ist, gehört Dating und Flirten doch dazu. Aber bitte mit Respekt! Es ist wichtig, den anderen zu respektieren. Darum geht’s!
Ihre Kollegin Suzi Quatro hat sich kürzlich in einem Interview beschwert, dass ihr nicht die Anerkennung zuteil würde, die ihr als Pionierin unter den Frauen im Rock’n’Roll zustünde. Wie ist das bei Ihnen?
Ich fühle mich heutzutage wertgeschätzt und bin so selbstbewusst wie nie! Allein die Tatsache, dass so viele großartige Künstler mit auf meiner Platte sein wollten… Wenn mir das kein Selbstbewusstsein gibt, was dann?
Es gibt da allerdings die Geschichte, dass Sie „Simply The Best“ zwei Jahre vor Tina Turner aufnahmen. In Ihrer Version war das Stück ein Totalflopp. Nagt das nicht an ihnen?
Tina Turner war immer mein Idol und ich ihr Riesenfan – insofern war ich niemals verbittert deswegen. Für mich war „Simply The Best“ eine Totgeburt, aber sie bewies, dass ich Recht hatte mit meiner Wahl für den Titel. Ich lag also nicht völlig falsch.
Es gab auch mal eine Zeit, wo Sie mit Dieter Bohlen im Studio waren. Der Song „Fools Lullaby“ ist aus dieser Zusammenarbeit entstanden.
Die Musik der Neunziger war nun mal anders. Deshalb sage ich mal: Es war gut für die Zeit. Alle denken immer, wir würden uns verabscheuen. Ich weiß nicht warum, aber so ist es nicht. Wir kamen prima zurecht. (singt „Non, je ne regrette rien“ von Édith Piaf)
Wer hat Sie ermutigt, eine Musikkarriere zu starten?
Meine Mutter hat immer gesagt: „Glaube an dich selbst, und nimm dir, was du haben willst, denn niemand wird es für dich tun!“ Sie hatte eine wundervolle Stimme und sorgte dafür, dass in unserem Haus ständig Musik zu hören war – meistens Opern. Sie hätte es geliebt, selbst auf der Bühne zu stehen – ihre Stimme war gut genug dafür. Aber sie war zu schüchtern und hatte sechs Kinder aufzuziehen. Meinen Wunsch, Sängerin zu werden, hat sie früh erkannt.
Wie das?
Ich stand schon als Kind vor dem Spiegel und sang in meine Haarbürste hinein. Ich glaubte fest daran, dass ich eines Tages auf der Bühne sein würde. Mein Bruder Paul ist übrigens auch Rocksänger in einer Bon-Jovi-Tribute-Band, die noch besser klingt als das Original. Aber er hatte nicht so viel Glück mit dem Erfolg wie ich.
Ihren ersten Hit „Lost In France“ hatten Sie im Jahr 1976. Hätten Sie sich damals träumen lassen, den Beruf so lange auszuüben?
Nein, meine Karriere war ein Zufall. Ein Talentscout aus London landete im falschen Stockwerk in dem Club in Swansea, in dem ich auftrat. Er hörte mich singen anstatt des Jungen, wegen dem er eigentlich dort war. Ich dachte, wir machen ein paar Hit-Singles, und dann bin ich gestorben. Aber das Schicksal meinte es anders mit mir. Ich kann es selbst nicht glauben, dass ich das nun schon über 40 Jahre mache, denn die Zeit verging wie im Flug. Die Nachtclubs in Wales haben mir eh viel Glück gebracht. Bei einem Auftritt habe ich meinen Mann kennengelernt.
Gibt es Wünsche, die sich nicht erfüllt haben?
Ich wäre gerne Mutter geworden. Aber Robert und ich waren beruflich immer beschäftigt und mit Ende 30 hatte ich eine Fehlgeburt. Es hat einfach nicht sein sollen. Aber ich habe eine große Familie mit fünf Geschwistern und zahlreichen Nichten und Neffen, das gleicht das aus.
Sie sind heute noch immer viel unterwegs.
Aber Liebe bringt dich nach Hause. Die Familie ist das, was zählt. Außerdem ist mein Mann auf Reisen immer dabei. Wir sind seit 45 Jahren verheiratet. Meine Karriere ist sehr prägend für uns beide. Sie hat mich und meinen Mann an schöne, unerwartete Orte geführt. Erst letzte Woche waren wir in Hong Kong und Singapur.
Werden Sie auf Reisen oft angesprochen?
Es geht. Aber ich erinnere mich daran, als ich einmal im Flugzeug von der Stewardess gebeten wurde, für den Piloten „Total Eclipse Of The Heart“ zu singen, weil er unmittelbar vor der Pensionierung stand. Die Stewardessen haben dann um mich herum den Background-Chor gemacht. Das war lustig.
Im deutschsprachigen Raum witzelt man gern, RTL-Moderatorin Frauke Ludowig sei Ihr Gesichtszwilling.
Davon habe ich noch nie gehört. (Wir zeigen ihr ein Bild von Ludowig.) Du meine Güte! Das ist wirklich unglaublich. Ich bin regelrecht geschockt über diese Ähnlichkeit! Wir haben dasselbe Haar, dieselben Augen – wir sehen echt aus wie Zwillinge! Mein Vater muss sich wohl noch anderweitig vergnügt haben. (lacht)
Darum, dass Sie sich seit dem 40. Lebensjahr Botox gönnen, haben Sie nie einen Hehl gemacht.
Warum auch? Ich unterziehe mich zwei Mal im Jahr einer Botox-Behandlung. Mir ist es zwar wichtig, dass es natürlich aussieht. Aber ich will mir die Falten vom Hals halten.
Wie stehen Sie zu Schönheits-OPs?
Hab ich die nötig? Ich finde, ich brauche wirklich keine. Aber wenn man mich lang ziehen könnte, so dass ich größer wäre, würde ich’s mir überlegen.
Wie halten Sie sich fit?
Momentan bin ich nicht so gut in Form. Ich trage derzeit Größe 40 bis 42 – ich war immer höchstens eine 38! Ich versuche, Kohlenhydrate wegzulassen. Dumm nur, dass all die schmackhaften Sachen voller Kohlenhydrate sind.
Und wie sieht Ihr Sportprogramm aus?
Für Sport habe ich keine Zeit. Nicht mal mehr für das neue Fahrrad, das Zuhause auf mich wartet. Aber was soll’s. Ich bin 67 und will mich wegen ein paar Pfunden mehr oder weniger auch nicht zu sehr stressen.
Gibt es etwas, wovor Sie Angst haben?
Nein, so lange meine Gesundheit und die meines Mannes okay ist, ist alles fein. Das ist das Wichtigste. Meine Knie tun oft weh, da komme ich nach meiner Mutter. Das liegt in der Familie.
Haben Sie noch Träume?
Ich will das Wembley-Stadium füllen! Aber vielleicht sollte man seine Wünsche nicht öffentlich machen, weil sie sonst nicht wahr werden?
Interview: Katja Schwemmers