Meister der Satire und des HumorsGerhard Polt wird 80: Die rettende Kraft des Humors
Der Meister der Satire und des Humors wird 80: Seit fast einem halben Jahrhundert bringt Gerhard Polt seine Fans zum Lachen und hält ihnen zugleich den Spiegel vor. Am 7. Mai feiert der Kabarettist Geburtstag. Ein großer Wunsch konnte ihm aber noch nicht erfüllt werden.
Gerhard Polt, Kabarettist, Autor, Schauspieler und einer der ganz Großen der deutschen Kulturszene, feiert am 7. Mai seinen 80. Geburtstag. Polt steht in Deutschland für Satire, Ironie und Humor wie kaum ein anderer – und das fast seit einem halben Jahrhundert. Doch persönlich begegnet sei er dem Humor noch nie, sagt der Kabarettist. „Wer er wirklich ist, weiß ich eigentlich nicht, aber ich gehe immer davon aus, dass er dann da ist, wenn er stattfindet“, sagte er einmal.
Gewusst? Gerhard Polt sprich fließend Schwedisch
Geboren wurde er 1942, inmitten des Zweiten Weltkriegs, in München. Um den Bombenangriffen zu entgehen, zog seine Mutter mit ihm aufs Land, in den oberbayerischen Wallfahrtsort Altötting. Der Vater war Rechtsanwalt und geriet im Krieg in Kriegsgefangenschaft. 1951 zog die Familie zurück nach München, wo Gerhard Polt in der Amalienstraße im Stadtteil Maxvorstadt aufwuchs.
Nach dem Abitur studierte er Politik und Geschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München, anschließend von 1962 bis 1968 Skandinavistik und Altgermanisch in Göteborg. Die wenigsten wissen, dass Polt fließend Schwedisch spricht und auf der Bühne sogar vor König Carl XVI. Gustaf (76) auftrat.
Zurück in München, arbeitete er als Lehrer, Übersetzer und Dolmetscher. 1971 heiratete Polt, er ist Vater eines Sohnes und inzwischen Opa einer Enkelin. Mit seiner Familie lebt er heute am Schliersee und verbringt viel Zeit in seinem Haus in Italien.
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Durchbruch mit „Fast wia im richtigen Leben“
Schon immer ein politischer Mensch, kritisierte Gerhard Polt in den 1970er Jahren Maßnahmen der Stadtsanierung in seiner Wohnstraße in München und machte ein Hörspiel daraus („Als wenn man der Dachs wär‘ in seinem Bau“). Bald zog es ihn auch auf die Bühne: 1975 mit dem Kabarettprogramm „Kleine Nachtrevue“. Es folgten Produktionen wie „Diridari und Tschurangrati“ und „München leuchtet“ in Zusammenarbeit mit dem Regisseur Hanns-Christian Müller (73).
Polt arbeitete oft und erfolgreich auch mit Dieter Hildebrandt (1927-2013), Otto Grünmandl (1924-2000) und Gisela Schneeberger (73) zusammen. 1979 wurde die Serie „Fast wia im richtigen Leben“ erstmals im Bayerischen Fernsehen ausgestrahlt, in der er mit Schneeberger skurrile Situationen des Alltags spielte. Es folgten Kinofilme wie „Kehraus“ und „Man spricht Deutsch“. Seit über vier Jahrzehnten tritt er mit den Well-Brüdern („Biermösl Blosn“) auf, ab Mai 2022 geht es wieder auf Tournee.
Zu Gerhard Polts zahlreichen Auszeichnungen gehören der Bayerische Verdienstorden, der Adolf-Grimme-Preis, der Bayerische Kabarettpreis, der Große Karl-Valentin-Preis, der Deutsche Filmpreis, der Bayerische Fernsehpreis und viele weitere.
„Immer den Krug zum Kopf“: Seine legendärsten Sprüche
In seinen Rollen verkörpert Polt oft den biederen, engstirnigen Bürger, der sich seiner Sache recht sicher ist und ungeniert sagt, was er denkt. Er sucht lebensnahes Material, beobachtet die Leute im Wirtshaus, in der Politik und auf der Straße, sammelt Klischees und hält dem Publikum danach den Spiegel vor: die deutsche Spießigkeit, die Intoleranz und das Vorurteil, Neid und Missgunst.
„Wer ist Wir? Ich bin’s jedenfalls nicht! Wir sind immer die andern!“, „Wir haben keinerlei Meinung, aber die dürfen wir überall und frei äußern“, „Ohne Geld wäre die Armut gar nicht denkbar“, „Wir hamma heuer mal so eine Weltreise g’macht, aber ich sag’s Ihnen gleich wia’s ist, da fahr ma nimmer hin“, „The idea of Freibier in Bavaria is deeply religious“, „Immer den Krug zum Kopf, nie den Kopf zum Krug“ – Sätze wie diese sind quasi schon in den täglichen Sprachgebrauch übergegangen. Polts neuester Coup ist „Die Vroni aus Kawasaki“: Mit Kolleginnen und Kollegen synchronisiert er eine japanische Soap auf Bairisch.
Sein großer Wunsch zum 80. Geburtstag bleibt unerfüllt
Auch wenn er dem Humor laut eigener Aussage noch nie begegnet ist, wird er nicht müde zu formulieren: Humor gebe die Chance zur Erkenntnis, zum „Öha!“-Moment, in dem man Perspektiven wechseln und Dinge neu beleuchten kann. Ohne Humor sei das Leben kaum auszuhalten, Humor könne Trost auch in düstersten Zeiten spenden. Und man brauche Humor, wenn man machtlos ist, damit könne man sich befreien. Demokratie sei ohne Humor nicht denkbar, Humor mache immun gegen Radikalismus.
Besonders schade, dass die Stadt München ihm zum 80. Geburtstag einen großen Wunsch nicht erfüllt hat: die Errichtung eines Hauses für den Humor in München. In der denkmalgeschützten ehemaligen Viehmarktbank im Münchner Schlachthof möchte Polt seit mehreren Jahren mit dem Verein Forum Humor und Komische Kunst eine deutschland- und europaweit einzigartige Institution errichten, die allen Facetten und Protagonisten des Humors ein Zuhause geben würde – Cartoonisten, Kabarettisten, Filmemachern, Schauspielern und dem Humornachwuchs. Doch es zieht sich.
So bleibt Gerhard Polt im Jahr seines 80. Geburtstag die Vorfreude auf das Humorfestival 2022 in Bernried am Starnberger See, wo er im Juli mit den Wellküren auftreten wird. Aber zunächst wird gefeiert – am 7. Mai in den Münchner Kammerspielen, mit vielen Wegbegleitern und Publikum.