Tipps vom Karriere- und LebenscoachMartin Wehrle über gute Vorsätze: So hilft die Zwei-Minuten-Regel

"Dieses Buch verändert dein Leben für immer" von Bestsellerautor Martin Wehrle ist im Oktober erschienen. (hub/spot)
"Dieses Buch verändert dein Leben für immer" von Bestsellerautor Martin Wehrle ist im Oktober erschienen. (hub/spot)

André Heeger

SpotOn NewsSpotOn News | 01.01.2025, 14:01 Uhr

Jedes Jahr scheitern Menschen zu Jahresbeginn an ihren guten Vorsätzen. Bestsellerautor und Coach Martin Wehrle erklärt im Interview, wie die Zwei-Minuten-Regel helfen kann und wie Pronoia mehr Lebensfreude bringt.

Der Jahresbeginn ist die Zeit der guten Vorsätze. Wie die Zwei-Minuten-Regel dafür sorgt, dass diese leichter gelingen, verrät Karriere- und Lebenscoach Martin Wehrle (54) im Interview mit spot on news. Der Bestsellerautor, dessen neues Werk "Dieses Buch verändert dein Leben für immer" (Mosaik) vor wenigen Wochen erschienen ist, erklärt zudem, wie uns Pronoia und Dankbarkeit weiterbringen.

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Lieber Herr Wehrle, der Jahreswechsel steht an und damit auch für viele die Zeit der guten Vorsätze. Warum scheitern jährlich viele Menschen daran, diese auch umzusetzen?

Martin Wehrle: Viele Vorsätze sind nicht konkret genug formuliert. Jemand sagt zum Beispiel: "Im neuen Jahr esse ich gesünder!" Aber was heißt das genau? Und was trägt er selbst dazu bei? Ein Vorsatz wird zum Ziel, wenn ich ihn konkret formuliere und mich in die aktive Rolle hole: "Im neuen Jahr koche ich dreimal pro Woche vegetarische Gerichte, esse täglich vier Stück Obst und verzichte auf Schokolade, weshalb ich meinen Restbestand an Süßigkeiten zu Weihnachten verschenke."

In "Dieses Buch verändert dein Leben für immer" geht es auch darum, wie neue Gewohnheiten mühelos gelingen. Was ist Ihr wichtigster Rat in diesem Zusammenhang?

Wehrle: Verkoppeln Sie eine neue Gewohnheit mit einer bestehenden. Angenommen, Sie wollen Ihren Tag mit Yoga starten: Dann legen Sie jeden Abend Ihre Zahnbürste auf die Yoga-Matte und vereinbaren mit sich selbst, sie erst zu benutzen, wenn Sie vorher fünf Minuten trainiert haben. Am nächsten Morgen werden Sie schlaftrunken ins Badezimmer taumeln, Ihre Zahnbürste suchen, zur Yoga-Matte umgelenkt – und der Rest passiert wie von allein. Oder: Sie schauen jeden Abend TV, statt eine Fremdsprache zu lernen. Dann legen Sie Ihr Vokabelheft auf die Fernbedienung und vereinbaren: Erst fünf Vokabeln lernen – dann TV schauen. Wenn Sie das jeden Tag tun, beherrschen Sie am Ende des Jahres 1.825 Vokabeln.

Viele, die sich etwas vornehmen, scheitern bereits daran, dass sie nicht anfangen. Wie kann die Zwei-Minuten-Regel helfen?

Wehrle: Wenn ich mir vornehme, jeden Tag 30 Seiten in einem Buch zu lesen oder 30 Minuten zu joggen, fühle ich mich leicht überfordert. Aber zwei Minuten – das bekomme ich schon hin. Und was passiert, wenn Sie jeden Tag zwei Minuten lesen oder joggen? Dann bekommen Sie auf natürliche Weise Lust auf mehr! Und so werden Sie von Tag zu Tag auf natürliche Weise ins Lesen oder Joggen gleiten. Durch die Zwei-Minuten-Regel umgehen Sie innere Widerstände.

Sie berichten in Ihrem neuen Buch von Pronoia. Wie verändert sich das Leben mit dieser Haltung und wie unterscheidet sie sich von toxischer Positivität?

Wehrle: Wir können oft nicht beeinflussen, was in der Welt geschieht. Wenn ich in einen Stau gerate, dann ist das eben so. Nun kann ich mich für eine Haltung entscheiden. Neige ich zu Paranoia, denke ich: Ausgerechnet auf mich lauert wieder ein Stau! Neige ich zur Pronoia, sehe ich es positiv: Wie schön, dass ich jetzt eine Gelegenheit zum Verschnaufen bekomme! Das ist Lebenskunst: dass man sich aus Zitronen süße Limonade presst. Toxische Positivität dagegen wäre es, etwas offensichtlich Negatives sofort schönzureden, etwa dass man überraschend verlassen wird. Es ist richtig und wichtig, dass wir in unserem Leben durch Täler gehen – nur dieser Weg führt auf neue Berge.

Dankbarkeit kann glücklicher und gesünder machen. Welche Dankbarkeitsroutinen können Sie empfehlen?

Wehrle: Eine Übung aus meinem Buch: Stellen Sie sich immer wieder vor, ein Obdachloser hätte Ihr Leben geschenkt bekommen. Was würde er alles genießen? Das warme Bett? Den vollen Kühlschrank? Dass er in saubere Kleidung schlüpfen darf, eine Arbeit hat, ein Konto, Freunde? Wer sein Leben verändern will, muss vor allem sein Denken verändern. "Ich weinte, weil ich keine Schuhe hatte, bis ich einen traf, der keine Füße hatte", schrieb die US-Autorin Helen Keller. Ebenso hilft es, jeden Abend drei Dinge aufzuschreiben, für die man dankbar ist.

Die "guten Vorsätze" für das neue Jahr können auch eine Reaktion auf äußere Zwänge oder Erwartungen anderer sein. In Ihrem Buch widmen Sie sich der Frage, wie man herausfinden kann, wer man wirklich ist. Wie gelange ich zu mehr Selbsterkenntnis und wie führt mich das zu mehr Glück und Erfolg?

Wehrle: In dem Buch erzähle ich die Geschichte von drei Verbrechern, die bei Petrus an die Himmeltür klopfen. Der Erste sagt, dass er im Autogeschäft war. Petrus erkennt ihn als Autoknacker und schickt ihn zur Hölle. Der Zweite sagt, dass er im Bankgeschäft war. Petrus erkennt ihn als Bankräuber und schickt ihn zur Hölle. Aber der Dritte zückt einen Revolver und sagt: "Ich bin Erpresser – du lässt mich jetzt hier rein!" Er kommt als Einziger in den Himmel. Nur mit unseren Stärken kommen wir weiter! Wir erkennen sie, indem wir uns fragen: Was fiel mir schon immer leicht? Worin war ich immer wieder erfolgreich? Und wofür bewundern und loben mich andere? Manchmal – das liegt an der Introspektions-Illusion – sehen Menschen von außen unsere Stärken schärfer als wir selbst. Es lohnt sich, immer wieder Rückmeldungen einzuholen.