Fluch und Segen der VideoplattformNathan Trent: „TikTok hat mein Leben unter Kontrolle“
Vielen ist Nathan Trent noch von seinem ESC-Auftritt in Kiew 2017 bekannt. Der Sänger mit der Ausnahmestimme ist mittlerweile ein Star auf TikTok und veröffentlicht nun sein Debütalbum. Im Interview verrät er, warum die Plattform sein Leben "unter Kontrolle" hat und wie er auf den ESC zurückblickt.
Schon 2017 begeisterte Nathan Trent (29) das ESC-Publikum mit seiner Ausnahmestimme und dem Song „Running On Air“. In Kiew vertrat er sein Heimatland Österreich, im Finale reichte es mit Platz 16 jedoch nur fürs Mittelfeld. Schon damals sang Trent von den Höhen und Tiefen des Lebens – ähnlich wie jetzt auf seinem Debütalbum „The Stages of Change“, das am 1. April erscheint.
Über Tiefpunkte und Selbstzweifel spricht er auch im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news. Außerdem blickt der 29-Jährige auf seine ESC-Teilnahme zurück. Diese Erinnerung wird aktuell vom Krieg in der Ukraine überschattet, der ihm „das Herz bricht“, wie er sagt. Darüber hinaus erzählt er von seinem TikTok-Erfolg: Die Plattform „hat mein Leben unter Kontrolle“, erklärt Trent. Schließlich warten mehr als 260.000 Follower ständig auf neue Videos des Sängers.
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In Ihrem Song „Faith“ machen Sie allen Mut, die gerade einen Tiefpunkt erleben. Wie gehen Sie mit solchen Momenten in Ihrem eigenen Leben um?
Nathan Trent: Es ist nicht allzu lange her, da hatte ich wieder einen dieser Momente, an dem ich nicht wusste, wie ich weitermachen sollte. „Faith“ war der erste Song, den ich anders empfunden hatte, der auch der Grund für das Album ist. Ich habe diesen Song damals für mich geschrieben, um mir wieder den Glauben an mich selbst zu geben, falls ich wieder zweifeln sollte. Es ist schließlich nicht immer leicht als Künstler, aber dafür hat man das Privileg, das machen zu dürfen, was einen erfüllt. In solchen Situationen suche ich immer den Kontakt zu meinen Freunden und der Familie. Und wende mich im Anschluss, wie immer, zur Musik.
Als Musiker ist man oft dem Druck ausgesetzt, abzuliefern und andere von sich zu überzeugen. Was hilft Ihnen, an sich selbst zu glauben?
Trent: Das ist das, was mich am meisten beschäftigt und belastet. Der Druck, andere zu überzeugen. Aber ich denke mir immer, in erster Linie mache ich Musik für mich, weil es mir gefällt und weil es mir guttut. Und dann hilft es mir auf meine bisherige Karriere zurückzublicken und mit Dankbarkeit zu sehen, wie viele von meinen Zielen ich bereits erreicht habe. Das gibt mir die Kraft, weiterzumachen und meine nächsten Ziele umzusetzen.
Auf Instagram haben Sie sich im Februar verletzlich und von Selbstzweifeln geplagt gezeigt. Warum war es Ihnen wichtig, diese Seite von sich zu präsentieren?
Trent: Weil mich jeder immer nur happy, lustig und entspannt sieht. Social Media kann sehr täuschen, mich natürlich eingeschlossen. Man fängt an sich zu vergleichen und immer nur die tollen Momente von allen anderen zu sehen. Man vergisst, dass dahinter ein normaler Mensch ist. Und weil ich mir zu Herzen genommen habe, Sachen anzusprechen, die mich beschäftigen, war das für mich in dem Moment die einzige Option. Die Welle an Unterstützung und Liebe, die zurückkam, hätte ich mir im Leben nie erwartet. So viele meinten, dass es ihnen genau so geht und es schön finden, dass auch mal so eine Seite gezeigt wird. Sie fühlen sich gesehen und verstanden.
Ihre Songs sind sehr persönlich. Fällt es Ihnen schwer, sich derart zu öffnen?
Trent: Lustigerweise gar nicht. Es fühlt sich sehr natürlich an und ich weiß, dass viele Leute so denken. Deswegen bin ich nur jemand, der die Gedanken anderer ausspricht.
Ihre Debütsingle haben Sie 2016 veröffentlicht, Ihr Debütalbum kommt erst jetzt. Sie haben sich die Zeit genommen, um Ihren eigenen Sound zu finden. Wie würden Sie diesen Weg beschreiben?
Trent: Es ist eigentlich interessant zu beobachten, dass ich einen so persönlichen und privaten Weg auf so einer öffentlichen Art und Weise gegangen bin. Im Prinzip singe ich ja aus meinem Tagebuch. Aber ich hätte es nicht anders gewollt. Es war ein sehr facettenreicher Weg, der mir viel Unsicherheit, aber auch sehr viel Freude gebracht hat. Ich hatte immer versucht einem Trend nachzugehen, bis ich gemerkt habe, dass ich ja selbst einen kreieren kann.
Ihr Debütalbum trägt den Titel „The Stages of Change“. Was sind für Sie persönlich in Ihrem Leben die Stufen der Veränderung?
Trent: Der Titel beschreibt eher eine Phase in meinem Leben, die sehr intensiv war. Ich hatte einen Punkt auf künstlerischer und persönlicher Ebene erreicht, bei dem ich das Gefühl hatte, mich nicht mehr weiterentwickeln zu können. Deswegen entschloss ich mich dazu, eine Auszeit zu nehmen und meine ganzen Erfahrungen der letzten Jahre in meiner Musik zu verarbeiten. Das Resultat ist eine Sammlung aus den unterschiedlichsten Bereichen meines Lebens.
Sie sind zweisprachig – mit Deutsch und Italienisch – aufgewachsen. Inwiefern hat Sie das für Ihr späteres Leben geprägt?
Trent: Ich habe in erster Linie sofort ein Interesse für Fremdsprachen entwickelt und gleich Englisch, Spanisch und Französisch in der Schule gelernt. Außerdem würde ich sagen, dass ich mit einem weiteren Horizont aufgewachsen bin. Auch für meine Arbeit hat es mir geholfen, gleich international an die Sache heranzugehen. Und ich bin natürlich sehr stolz, aus Italien und Österreich zu sein.
Beim ESC 2017 standen Sie in Kiew auf der Bühne. Was fühlen Sie, wenn Sie mit dem aktuellen Kriegsgeschehen im Hintergrund auf diesen Moment zurückblicken?
Trent: Es ist für mich immer noch schwierig, die richtigen Worte für diese Situation zu finden. Zu wissen, dass heutzutage noch solche Dinge passieren, bricht mir das Herz. Ich hoffe inständig, dass so schnell wie möglich wieder Frieden einkehrt.
Haben Sie beim diesjährigen ESC persönliche Favoriten?
Trent: Um ehrlich zu sein, verfolge ich seit ein paar Jahren den ESC nicht wirklich, aber ich habe den italienischen Beitrag für dieses Jahr gehört und finde ihn richtig gut.
Woran denken Sie bei Ihrer eigenen ESC-Teilnahme besonders gerne zurück?
Trent: An die unglaublichen Eindrücke und die vielen Konzerte, die ich gegeben habe. Außerdem an die fantastische ESC-Fangemeinde. Das war wirklich ein tolles Erlebnis.
Sie sind sehr aktiv auf TikTok. Was sind für Sie die Vor- und Nachteile der Plattform?
Trent: TikTok hat mittlerweile mein Leben (leider) etwas unter Kontrolle. Ich liebe diese Plattform, weil sie einem ermöglicht, unglaublich viele Menschen auf einmal zu erreichen, und weil es im Vergleich zu Instagram und YouTube einfach einen frischen Wind reinbringt. Aber auf der anderen Seite kann es sehr stressig werden und im Prinzip konkurriert man immer mit dem letzten Video, das man gepostet hat. Noch macht es mir aber richtig Spaß.
Sie sind in der Kategorie Songwriter des Jahres für einen Amadeus Award nominiert. Wie viel würde es Ihnen bedeuten, diesen Preis zu gewinnen?
Trent: Dieser Titel ist natürlich besonders schmeichelnd und ich fühle mich sehr geehrt. Ich würde mich natürlich mega freuen, muss aber sagen, allein schon nominiert zu sein, fühlt sich für mich an, als hätte ich alles richtig gemacht.
Ihr Album erscheint am 1. April. Sind Sie ein Fan von Aprilscherzen? Wann wurden Sie zuletzt von jemandem hereingelegt?
Trent: Ich selber bin am 4. April geboren und wollte mir so frühzeitig mein eigenes Geschenk machen. Aber tatsächlich falle ich immer wieder auf die Aprilscherze meines Vaters rein. Jedes Jahr bin ich mental darauf vorbereitet, aber er schafft es jedes Jahr auf Neue mich vollkommen reinzulegen. Dieses Jahr kommt die Retourkutsche.
Welche privaten und beruflichen Pläne haben Sie noch für dieses Jahr?
Trent: Nach der Tour im April möchte ich unbedingt eine kleine Auszeit nehmen. Ich habe da an Bali gedacht. Ein paar Monate weg vom Fenster und dann wieder Vollgas ins Geschehen, darauf freue ich mich schon sehr.