Zum TV-Start„Princess Charming“: Warum queere Datingformate so wichtig sind
Nach dem Erfolg von "Prince Charming" startet nun auch "Princess Charming" im Free-TV. Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Shows haben im Interview verraten, was ihnen die Repräsentation von schwulem und lesbischem Dating im Fernsehen bedeutet.
„Prince Charming“ war ein Überraschungserfolg. Das erste schwule Datingformat im deutschen Fernsehen wurde nach der Premiere beim Streamingdienst TVNow im April 2020 bei VOX gezeigt und gewann sogar den Grimme-Preis.
Während eine vierte Staffel bereits in Planung ist, startete mit „Princess Charming“ 2021 die erste lesbische Datingshow. Nach einem erfolgreichen Run auf TVNow feiert das Format am 29. Oktober um 20:15 Uhr seine Free-TV-Premiere auf VOX. Warum die beiden queeren Datingshows so wichtig sind, haben Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie die „Prinzen“ Nicolas Puschmann (30) und Kim Tränka (31) und „Princess Charming“ Irina Schlauch (31) der Nachrichtenagentur spot on news erklärt.
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Teilnahmegrund war neben der Suche nach der Liebe für die meisten Kandidatinnen und Kandidaten die Möglichkeit, ihre Community zu repräsentieren. „Princess Charming“-Kandidatin Bine findet etwa: „Schon lange fehlt die Sichtbarkeit von LGBTQIA+-Personen bei Dating-Formaten. In der Szene ist die Nachfrage aber da! Normalisieren dieser Sexualitäten hilft vor allem auch jungen Menschen, sich besser identifizieren zu können.“ Konkurrentin Miri hätte sich eine Show wie „Princess Charming“ als Teenager gewünscht, sagt sie. Denn die LGBTQ+-Jugend brauche ihrer Meinung nach solche Vorbilder: „Starke Persönlichkeiten, die ihre Liebe ganz frei ausleben und einfach so sind, wie sie sind.“
„Princess Charming“ Irina Schlauch hat sich deswegen gefreut, queere Frauen beim Dating im Fernsehen zu präsentieren. Allerdings hatte sie auch Respekt vor der Rolle als erste „Princess“: „Ich habe mich sehr geehrt gefühlt, hatte aber auch gleichzeitig Angst, dass die Community sich nicht gut repräsentiert fühlt und dass ich den Erwartungen nicht gerecht werden kann. “ Der 31-Jährigen war es aber trotz anfänglicher Zweifel wichtig, dass Zuschauerinnen und Zuschauer „sehen können, wie queere Menschen daten und sich verlieben und dass das ganz normal ist“. Ihre Bedenken haben sich zudem schnell wieder gelegt. Das Feedback nach der Ausstrahlung bei TVNow sei „so rührend und überwältigend“ gewesen, dass sie diese „‚Rolle‘ sehr gerne und mit viel Stolz angenommen habe“.
Die Reise begann mit „Prince Charming“ 2019
Den Anfang mit queeren Formaten machte „Prince Charming“ bei TVNow im Oktober 2019. Nicolas Puschmann, der erste „Prince“, freut sich sehr über den Zuspruch für das Format: „Für mich war und ist es eine Ehre, der erste ‚Prince Charming‘ gewesen zu sein. Damals war mir noch gar nicht bewusst, was dieses Format für eine Reichweite und Bedeutung haben wird.“ Es mache ihn sehr glücklich, dass „die ‚Charming-Familie‘ immer weiter wächst“.
Auf Puschmann folgten zwei weitere „Prinzen“. Alexander Schäfer (31) suchte 2020 seine Liebe, Kim Tränka 2021. Tränka denkt, dass Shows wie „Prince Charming“ den Zuschauern etwas beibringen könnten. „Und wenn es ’nur‘ der Fakt ist, dass zwei Männer sich nicht anders unterhalten, daten und (ver-)lieben als andere Menschen!“
„Princess Charming“ hatte große Wirkung auf die Community
Welche Wellen „Prince Charming“ und „Princess Charming“ bereits nach Veröffentlichung auf TVNow schlagen würden, sei den Teilnehmenden nicht bewusst gewesen. „Das war für mich zu Beginn null greifbar“, zeigt sich „Princess Charming“-Kandidatin Wiki überrascht. „Manchmal fragen Menschen mich, ob es mich nervt, mit ‚Princess Charming‘ in Verbindung gebracht zu werden. Die Antwort ist: Nein! In meinen Augen haben wir eine lesbische Revolution gestartet und darauf bin ich unheimlich stolz.“
Innerhalb der LGBTQ+-Community habe sich seit den queeren Datingshows einiges getan. Nicolas Puschmann erklärt beispielsweise, dass „eine stärkere Verbundenheit“ zu spüren sei. „Ich wurde mit der Gendersprache sensibilisiert und weiß nun, dass ich mich als CIS- Mann definieren dürfte. Selbst innerhalb der Community lernt man nie aus“, fügt er dem hinzu. Die 27-jährige Wiki empfindet das ähnlich: „Für mich persönlich hat sich sehr viel geändert. Ich bin mit einem Vorwärtssalto in eine Blase reingesprungen, in der ich mich super wohlfühle“, freut sich die Hamburgerin. „Und es wirkt, als würde sie stetig wachsen. Lesben vernetzten sich jetzt endlich anders und das ist so cool!“ Auch Flo, der 2020 an „Prince Charming“ teilnahm, sei ein Wandel durch „Princess Charming“ aufgefallen: „Plötzlich waren da die vielen queeren Frauen und FLINTAS (Menschen, die eine andere Geschlechtsidentität als cis hetero männlich haben, Anm. d. Red.), die leider nach wie vor in der Öffentlichkeit viel zu unterrepräsentiert sind und mit dieser Show, zurecht, viel mehr Aufmerksamkeit bekommen jetzt.“
Queere Datingformate sind oft noch „zu heteronormativ“
Außerhalb der queeren Gesellschaft waren ebenfalls Veränderungen zu beobachten, finden die Teilnehmenden. Kandidatin Miri freut sich etwa, dass sich gerade „wirklich etwas in den Köpfen der Gesellschaft“ bewegt. Ex-„Prince Charming“ Nicolas Puschmann stimmt dem zu. „Dennoch ist gesellschaftlich noch eine Menge zu tun und natürlich wurde nicht jede Person sensibilisiert. Es gibt noch viele Anfeindungen und Gewalt gegenüber der queeren Community. Das muss aufhören!“ Auch Wiki denkt, dass man in Deutschland von der „tatsächlichen vollkommenem Toleranz und Akzeptanz von queeren Personen“ noch „sehr weit“ entfernt sei. „Prince Charming“ und „Princess Charming“ würden dies ebenfalls aufzeigen. Denn für sie und „Prince Charming“-Kandidat Flo seien die Sendungen oftmals noch zu „heteronormativ“. Der Hamburgerin sei beispielsweise aufgefallen, dass „alles, was im Mainstream queer ist, immer noch sehr hetero dargestellt wird“. Man wolle so vielleicht den Mainstream nicht überfordern, denkt sie.
Für zukünftige „Prinzen“ wünscht sich Flo daher, „dass nicht immer Schwiegermuttis liebstes Weißbrot da auf dem Thron steht, sondern ein queerer Charakter mit allem, was dazugehört“. Über eine buntere Repräsentation würde sich auch Nicolas Puschmann freuen: „Es gibt ja nicht nur den selbstdefinierten Mann und die selbstdefinierte Frau. Die queere Community ist so bunt und ich finde, es sollte absolut selbstverständlich sein, dass auch zum Beispiel transidente Menschen oder andere in der TV-Landschaft abgebildet werden – und das nicht nur innerhalb von Reality-Formaten.“