Zahnarzt Pascal Pindur im InterviewZahnpflege unterwegs: Warum Mundhygiene auch im Urlaub wichtig ist

Im Urlaub wird die Zahnbürste gerne mal vergessen. (eee/spot)
Im Urlaub wird die Zahnbürste gerne mal vergessen. (eee/spot)

Asier Romero/Shutterstock.com

SpotOn NewsSpotOn News | 18.08.2024, 14:03 Uhr

Wer seinen Urlaub in vollen Zügen genießt, vergisst ab und an wichtige Dinge wie das Zähneputzen. Das kann jedoch schnell gravierende Folgen haben, verrät ein Zahnarzt im Interview.

Wenn wir im Urlaub oder auf Reisen sind, kommen so manche Sachen oft zu kurz. Darunter fällt bei vielen die Mundhygiene. Das Zähneputzen rückt dann gerne mal in den Hintergrund, andere vergessen von vornherein Zahnbürste und Zahncreme mitzunehmen. Doch nur wenige Tage reichen bereits aus und Bakterien und Karies breiten sich in der Mundhöhle aus. "Das geschieht schneller als die meisten denken", betont auch Pascal Pindur, Zahnarzt beim Kölner Carree Dental für allgemeine und ästhetische Heilkunde, im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news.

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Im Urlaub kommt die Zahnpflege oft zu kurz. Kann eine Woche Vernachlässigung schon enorme Folgen für die Zahngesundheit haben?

Pascal Pindur: Ja, das geschieht schneller als die meisten denken. Schon nach einer Woche hat sich die Bakterienanzahl drastisch erhöht. Damit steigt auch das Karies-Risiko. Diese Zahnerkrankung entsteht durch verschiedene Faktoren – vor allem durch die Art unserer Ernährung, ungenügende Mundhygiene sowie eben säurebildende Bakterien. Diese verwandeln den Zucker, den wir mit der Nahrung aufnehmen, in zahnzerstörende Säure. Es kommt zu einer fortschreitenden Entkalkung und damit zu einer erheblichen Schädigung des Zahnschmelzes. Die Folge: Löcher in den Zähnen. Schlimmstenfalls droht der Zahnverlust.

Was können wir unterwegs machen, um unsere Zähne zu pflegen?

Pindur: Ist kurzzeitig keine optimale Zahnpflege möglich, so kann das Kauen eines zuckerfreien, zahnfreundlichen Kaugummis zwischendurch hilfreich sein. Denn dies fördert den Speichelfluss und neutralisiert schädliche Säuren. Außerdem empfiehlt es sich, besonders viel Wasser zu trinken. Das schützt nicht nur vor Mundtrockenheit, sondern verhindert auch das schnelle Ausbreiten von Bakterien. Am besten auf Touren tagsüber immer eine Flasche Wasser mitnehmen. Apropos Wasser: In manchen Gebieten ist Leitungswasser nicht geeignet zum Mundausspülen. Stattdessen besser stilles Mineralwasser nehmen. Bei längeren Flügen oder Zugfahrten können auch Mundspülungen hilfreich sein. Diese können eine intensive Interdentalraumpflege zwar nicht ersetzen, aber auf Reisen sinnvoll ergänzen.

Noch ein Tipp: Geht es für längere Zeit ins Ausland, so empfiehlt sich vorab eine Kontrolle beim Zahnarzt, um Zahnprobleme weitgehend auszuschließen. Sicher ist sicher – und im Urlaub Zahnschmerzen zu haben, ist dental der worst case.

Wie halten wir unsere Zahnbürste im Urlaub sauber?

Pindur: Starten wir in den Urlaub, so sollte die Zahnbürste natürlich nicht einfach in den Kulturbeutel gesteckt, sondern in entsprechenden Boxen verwahrt werden. Ideal sind kleine Reise-Sets aus Apotheke und Drogerien, die neben der Bürste auch alles Weitere für die Zahnpflege unterwegs bereithalten. Ob zuhause oder unterwegs: Sinnvoll ist die gründliche Reinigung der Bürste vor und nach dem Einsatz unter warmem Wasser. So lassen sich Essens- bzw. Zahnpasta-Reste entfernen – bei schlechter Wasserqualität stilles Mineralwasser nehmen. Benutzen sollte man die Bürste aber erst wieder, wenn sie trocken ist. Gegebenenfalls eine zweite verwenden.

Das Händewaschen vor dem Zähneputzen verhindert, dass Bakterien von den Fingern auf die Bürste wechseln. Lassen sich die Bürsten unterwegs nicht gut reinigen und trocknen, so können Dental-Sprays hilfreich sein, die Keime auf der Bürste sehr effektiv reduzieren.

Alkohol und Süßes tun unseren Zähnen ebenfalls nicht gut, aber im Urlaub möchten die meisten nicht darauf verzichten. Welche Alternativen gibt es?

Pindur: In der Tat ist gerade in den Sommerferien das süße Leben besonders verführerisch. Was für unseren Gaumen der reine Genuss sein kann, bedeutet für unsere Zähne Stress pur: Die ständigen Säureattacken greifen den Zahnschmelz an und lassen ihm keine Zeit zur Erholung. Zudem führt die fortschreitende Demineralisation letztendlich zu Karies. Deshalb besser nur einmal am Tag naschen – dann darf es auch schon einmal etwas mehr sein. Dies ist für die Zähne wesentlich verträglicher als der ständige Kontakt mit dem Zucker.

Mein Tipp: Lassen Sie sich öfter Käse statt einer süßen Nachspeise schmecken. Denn Gouda oder Camembert sind ein natürliches Karies-Schutzschild. Der einfache Grund: Der zerkaute Käse haftet an den Zähnen und wehrt so gefährliche Säuren erfolgreich ab. Wer gerne knabbert, der sollte öfter zu Erdnüssen greifen. Diese können nicht nur das Cholesterin senken, sondern auch Parodontitis vorbeugen und altersbedingten Zahnausfall verzögern. Denn Erdnüsse enthalten viel Eiweiß sowie lebenswichtige Mineralien – unter anderem jede Menge des lebenswichtigen Mineralstoffs Magnesium.

Dann gibt es da noch die Barodontalgie, auch Höhenzahnschmerz genannt. Wieso tritt dieser bei einer Druckveränderung in der Umgebung auf?

Pindur: Ursache für die Zahnschmerzen in luftiger Höhe sind kleine Luftlöcher, die sich unter kariesgeschädigten Zähnen, undichten Zahnfüllungen oder Brücken befinden können. Durch den Druckunterschied im Flugzeug dehnt sich die Luft in diesen Hohlräumen schmerzhaft aus.

Wie kann man das vermeiden?

Pindur: Um generell Zahnschmerzen beim Fliegen zu verhindern, sollte man möglichst nach einer Zahnbehandlung die beiden folgenden Tage nicht fliegen. Und auch bei einer noch nicht abgeschlossenen Zahnwurzelbehandlung besser ganz darauf verzichten. Durch die Druckveränderungen könnte es ansonsten Zahnprobleme geben. Den Flug besser verschieben sollte man zudem bei akuten Zahnschmerzen, falls irgendwie möglich. Kommt es beim Flug trotzdem zu akuten Schmerzen, so helfen Mittel wie Ibuprofen 400 oder 600.

Pascal Pindur ist angestellter Zahnarzt beim Kölner Carree Dental für allgemeine und ästhetische Zahnheilkunde. Er ist für den Tätigkeitsbereich der Parodontologie und der Implantologie zuständig.