Rastloser JubilarDDR-Legende Herbert Köfer wird 100 und ist putzmunter!
Jeder, der in der DDR aufgewachsen und sozialisiert wurde, kennt Herbert Köfer. Irgendeine Serie oder Film mit ihm fällt wirklich jedem zu dem Namen ein. Köfer war eine wirklich große Nummer.
Ein TV-Mega-Star in einem kleinen Land, dessen Strahlkraft jetzt, zu seinem 100. Geburtstag am 17. Februar noch einmal aufleuchtet. 100? Ist er denn noch rüstig? Aber ja! Und nicht nur das, er steht mit seinen 100 Lenzen auch noch aktiv auf der Bühne!
Aber der Reihe nach.
Es war einmal
In der DDR gab es genau zwei TV-Sender – und so hießen die auch: DDR I und DDR II. Wer in der DDR im „Tal der Ahnungslosen“ wohnte – so wurden die Distrikte genannt, in denen partout kein „Westfernsehen“ empfangen werden konnte – war auf diese zwei Sender angewiesen und kam um Herbert Köfer erst recht nicht herum. Vielleicht wurde der Schauspieler deshalb immer wieder zum „Fernsehliebling“ gewählt, denn weder Auswahl noch Vergleich zu anderen, nichtsozialistischen Schauspielleistungen, waren im Tal der Ahnungslosen vorhanden.
Für die Nachgeborenen: Die (einzige) Fernsehzeitung der DDR hieß „FF dabei“ und lobte Jahr für Jahr die Auszeichnung zum „Fernsehliebling“ aus.
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Wer ist dieser alte Mann eigentlich?
Herbert Köfer hat seine Ausbildung 1937 bis 1940 gemacht. Da gab es noch eine Schauspielschule, die direkt dem Deutschen Theater Berlin angegliedert war. Tiefste Nazizeit also, als Herbert sich dem Rollenstudium der Klassiker widmete. Solange, bis 1944 mit dem Aufführungsverbot jedwede künstlerische Arbeit zum Stillstand kam.
Als Funker der Wehrmacht wurde er an der Ostfront eingesetzt, schwer verwundet. Nach der Genesung geriet er in amerikanische Kriegsgefangenschaft und spielte dort in einer Theatergruppe. Nach der Entlassung ging es zurück in die Heimat und Geburtsstadt, nach Berlin.
Ein strammer Sozialist mit Parteibuch
Köfer spielte alles. Auf der Bühne Klassiker wie den Wurm in „Kabale und Liebe“. An der Schullektüre hat sich wohl bis heute nichts geändert, wenn es um Schiller und Goethe im Unterricht geht. Schulstoff, den auch heute noch jeder Teenager kennt und je nach Gusto entweder durchlitten oder begeistert für sich entdeckt hat.
Aber auf der Bühne ist der Schauspieler nur für die Zeit des Auftritts präsent. Mit dem Ende der Vorstellung ist verblasst das Können. Wofür Herbert Köfer aber steht, sind seine unzähligen Rollen in Serien und TV-Schwänken. Ein Mann mit künstlerischer Ader und Parteibuch der SED. SED? Was war das nochmal? Die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands. Für alle, die sehr darunter gelitten haben, bitte einmal tief durchatmen und gleich wieder vergessen.
Der Mann stand 1952 für die erste und fast 40 Jahre später am 31. Dezember 1991 auch für die letzte Sendung des Deutschen Fernsehfunks vor der Kamera. Da war er am 21. Dezember der allererste Sprecher der Nachrichtensendung „Aktuelle Kamera“, der „Tagesschau“ des 0stens. Die ging am 26. Dezember 1952 erstmals auf Sendung.
„Nackt unter Wölfen“
Unvergessen seine Rolle in dem aufsehenerregenden KZ-Film „Nackt unter Wölfen“ (1963), da spielte er das brutale Nazischwein, Hauptsturmführer Kluttig. 2015 gab es eine Neuverfilmung. Das Original bleibt aber unerreicht.
Das zweite Standbein von Herbert Köfer ist das Kabarett. Das leicht bissige, aber immer unterhaltende Sujet war in der DDR ungeheuer beliebt. Vieles, was der „gelernte DDR-Bürger“ nie und nimmer offen aussprechen durfte, wurde gern in Kabarett-Programmen verpackt. Die Leute haben den Bühnen die Bude eingerannt. Und ein Fixstern des Kabarett war Köfer. Da wollte ihn sein Publikum auch sehen. In den lustigen, heiteren Rollen. „Nackt unter Wölfen“ solle n ihm manche nicht verziehen haben.
Er tourt heute noch mit seinem Programm „Blaue Stunde“ durch das Land, aber die Bissigkeit ist der zahmen Unterhaltung gewichen und vielleicht kommt das Publikum auch wegen der alten Zeit. Geblieben ist sein Talent für die leichte Muse. Waren damals keine Karten zu bekommen, dann eben jetzt mit dem 100jährigen DDR-Star auf der Bühne. Kann ja nicht jeder Netflix & Co toll finden.
Was bleibt sind Evergreens und große Nostalgie-Gefühle
Wer jetzt einen Sehnsuchtsanfall nach seiner Jugend oder was auch immer bekommen hat, der kann in der Mediathek der ARD diverse Mega-Renner mit dem Geburtstagskind abrufen. Wir empfehlen die Vorabendserie:“Rentner haben niemals Zeit“. Es gibt 20 Teile á 25 Minuten und wem dem Inhalt nicht so gefällt, der achte bitte vielleicht mal auf das Spiel der Darsteller oder die Ausstattung und was es sonst so DDR-mäßig ganz anders als heute war.
Was auch noch sehr gern gesehen wurde, war die Serie „Geschichten übern Gartenzaum“ und „Familie Neumann“. Im Rundfunk der DDR I lief von 1967 bis 1981 – also eine Ewigkeit – eine Sendung, die „Neumann, zweimal klingeln“ hieß. Und wer von den jüngeren Lesern mal so richtig irritiert sein möchte, der schalte bitte die Fernsehschwänke (heute sagt man „Sitcom“) aus den 1970ern um Maxe Baumann ein. Laut, temporeich – mit viel echtem Gelächter vom Live-Publikum – und wahnsinnig bunt.
Die Fernsehspielreihe, die immer in Adlershof, der Hauptproduktionsstätte des DDR-Fernsehens, aufgezeichnet wurde, wird bis heute gern gesehen. So ist das mit Komik, die funktioniert immer, egal in welchem Gesellschaftssystem.
Wir gratulieren Herbert Köfer ganz herzlich zum 100. Geburtstag! (Kinotante Katrin)
Der MDR sendet rund um den Geburtstag viele unvergessliche Produktionen mit Herbert Köfer aus heutigen und vergangenen Zeiten – unter anderem folgende:
– 16. Februar, 22.50 Uhr: „Polizeiruf 110 – Ein Schritt zu weit“ (1985)
– 17. Februar, 8.50 Uhr sowie 11.45 Uhr „In aller Freundschaft“ (Folgen 93 und 507) und 16. 30 Uhr: Studiogast bei MDR um 4 (Live)
– 18. Februar, 12.30 Uhr: „Der Lumpenmann“ (Fernsehfilm 1981) und 23.40 Uhr „König Karl“ (Fernsehfilm 1986)
– 19. Februar, 22 Uhr Talkgast im „Riverboat“