Anlässlich des 60. JubiläumsJames Bond wird 60: Die 007-Schauspieler im Wandel der Zeit
Bond-Girls, spektakuläre Action und eine charmante Titelfigur: Die James-Bond-Zutaten scheinen sich kaum zu verändern, und doch hat jeder der sechs Darsteller dem Agenten auch seinen ganz eigenen Stempel aufgedrückt.
Lediglich sechs Schauspieler sind auf den Kinoleinwänden jemals zu 007 geworden: Sean Connery (1930-2020), George Lazenby (83), Roger Moore (1927-2017), Timothy Dalton (76), Pierce Brosnan (69) und zuletzt Daniel Craig (54). Jeder von ihnen brachte etwas Neues und Eigenes zur legendären Rolle – und spiegelte gleichzeitig die sich verändernden Zeiten wider. Ein Überblick über sechs Darsteller in 60 Jahren.
Sean Connery: 1962 bis 1967 und noch einmal 1971
Er ist der Ur-Bond und gab der von Ian Fleming (1908-1964) erfundenen literarischen Figur auf der Leinwand ein Gesicht. Den ehemaligen Amateur-Gewichtheber Connery befand Bonds Erfinder Fleming zunächst für zu unelegant und grobschlächtig, um die Figur zu verkörpern, doch auch er ließ sich schließlich – wie das weltweite Kinopublikum – vom Darsteller überzeugen. Connerys Bond war charmant, stellenweise ironisch und immer selbstsicher. Seine beeindruckende Physis brachte der Schotte in die Rolle ein und Actionszenen gingen ihm scheinbar mühelos von der Hand. Womöglich ist er bis zum heutigen Tag der coolste unter den verschiedenen Bonds.
Selbstverständlich ist Connerys 007 aber aus heutiger Sicht auch der problematischste. Unterwürfige Bond-Girls kommandierte er herum und vergaß seine Liebespartnerinnen nach dem Akt beinahe augenblicklich. Viele sehen seinen Bond und im weiteren Sinne die Figur 007 daher als die ultimative Männerfantasie, doch sollte der Bond der 1960er Jahre auch vor dem Hintergrund der sich damals abspielenden sexuellen Revolution gelesen werden. Rückschrittlich ist er aus der heutigen Perspektive aber allemal.
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George Lazenby: 1969
Nur ein einziges Mal, im Bond-Film "Im Geheimdienst Ihrer Majestät" (1969), verkörperte das ehemalige australische Männermodel George Lazenby 007. Sein Eintrag ins langlebige Franchise gilt in der Retrospektive jedoch als einer der besten – und nimmt einiges vorweg, was Bond-Fans Jahrzehnte später an Daniel Craigs Interpretation der Figur überraschte.
Besonders hervorzuheben ist in dieser Hinsicht das Bond-Girl. Mit Diana Rigg (1938-2020) wurde eine Ikone der 1960er Jahre gecastet. Die von ihr gespielte Gangster-Tochter Tracy di Vincenzo ist Bond ebenbürtig. Am Ende des Films wird zum ersten und bisher einzigen Mal in der Reihe geheiratet und – Achtung: Spoiler – Bösewicht Blofeld (Telly Savalas) lässt Tracy erschießen. Die berühmte feministische Filmkritikerin Molly Haskell (83) schrieb über Lazenbys Bond, er "wage es tatsächlich zu denken, dass eine Frau, die ihm gewachsen ist, besser ist als tausende Teilzeit-Gespielinnen".
Darsteller Lazenby sollte übrigens auch weiterhin Bond spielen, doch er verabschiedete sich von der Rolle mit der Begründung, dass 007 zu archaisch für die aufziehenden 1970er Jahre sei. Einige Zeit später war Lazenby bankrott, Sean Connery kehrte in "Diamantenfieber" (1971) einmalig zurück, und schließlich übernahm Roger Moore das Bond-Zepter.
Roger Moore: 1973 bis 1985
Der Brite Roger Moore legte die Figur dann wesentlich selbstironischer an als seine beiden Vorgänger. Moore selbst formulierte das einmal so: "Für mich sind die Bond-Situationen so lächerlich, so unfassbar. Ich meine, dieser Mann soll ein Spion sein, dabei weiß jeder, dass er ein Spion ist […]. Welcher ernsthafte Spion wird denn überall, wo er hingeht, erkannt? Es ist haarsträubend."
Moore, den viele zu alt für die Rolle fanden, war tatsächlich mehr ironischer Gentleman und kultivierter Salonlöwe als Sean Connery. Dass er sich mühelos durch die Upper Class bewegte, nahm ihm jeder ab, seine Actionszenen wirkten da schon wesentlich unglaubwürdiger. Am Umgang mit Bond-Girls änderte sich allerdings im Vergleich zu Connery wenig. Auch bemerkten Kritiker wiederholt, dass die überaus erfolgreichen Bond-Filme der 1970er Jahre im Grunde lediglich die populären Filmgenres der damaligen Zeit aufgegriffen hätten. So sei beispielsweise "Leben und sterben lassen" (1973) vom Blaxploitation-Kino beeinflusst, "Der Mann mit dem goldenen Colt" (1974) von Kung-Fu-Filmen und "Moonraker – Streng geheim" (1979) von "Star Wars".
Timothy Dalton: 1987 bis 1989
Der Brite Timothy Dalton verkörperte Bond nur zwei Male – in "Der Hauch des Todes" (1987) und "Lizenz zum Töten" (1989) – der Rolle drückte er aber ebenfalls seinen Stempel auf. Daltons Bond war härter als alle seine Vorgänger, und die Filme zeichneten sich durch einen höheren Grad an Realismus aus. Das war wohl die Antwort der Produktionsfirma Eon Productions auf das in den 1980er Jahren florierende Actionkino mit Protagonisten wie Arnold Schwarzenegger ("Phantom Kommando", 1985), Bruce Willis ("Stirb langsam", 1988) oder Mel Gibson ("Lethal Weapon", 1987).
Besonders für Spaß in Form von sexuellen Eskapaden schien Daltons grimmigem Bond schlicht die Zeit zu fehlen. Sie kamen zwar vor, aber wurden häufig schnell und zuweilen sogar offscreen abgehandelt. Auch der Humor wurde im Vergleich zu Moores 007 deutlich zurückgeschraubt.
Pierce Brosnan: 1995 bis 2002
Im Jahr 1995 schlüpfte dann der irische Darsteller Pierce Brosnan in die Haut von James Bond. Die Figur hatte in dieser Zeit ihren bisher schlimmsten Schicksalsschlag zu verkraften: Der Kalte Krieg war vorbei. Dieses weltgeschichtliche Ereignis sollte im Hinblick auf die Figur James Bond keinesfalls unterschätzt werden. Denn ein Geheimagent wie 007, der im Verborgenen oder auf dem Territorium des Feindes agiert, ist der kalte Krieger schlechthin.
Eine patente Antwort auf dieses Problem zu finden, fiel der James-Bond-Reihe auch zunächst merklich schwer. So diente in "GoldenEye" mit dem von Gottfried John (1942-2014) gespielten General Ourumow immer noch ein Russe als Antagonist, als könnte das Franchise seine – neben Bösewicht Blofeld – liebsten Gegner schlicht nicht gehen lassen. In Brosnans zweitem Bond "Der Morgen stirbt nie" (1997) ist der Bösewicht dann ein Medien-Mogul, was natürlich perfekt in die 1990er Jahre passt, allerdings zu einem der schlechtesten Titel der gesamten Filmreihe führte.
Und was ist mit den Bond-Girls? Auch hier tut sich unter Brosnan – der von seiner physischen Erscheinung her übrigens ein ganz exzellenter Bond war – nichts. Zwar darf in "Die Welt ist nicht genug" (1999) mit Sophie Marceaus (55) Elektra King auch einmal eine Frau zur Schurkin werden, doch das anachronistische Rollenverständnis und die ständige Verfügbarkeit von Bonds Gespielinnen blieb in der Brosnan-Ära unverändert.
Daniel Craig: 2006 bis 2021
Mit dem bisher letzten James-Bond-Darsteller Daniel Craig vollzog sich dann der größte Entwicklungssprung in der langen Geschichte des Franchises – und das in mehrfacher Hinsicht. Zunächst einmal erschien wenige Monate vor Brosnans letztem Bond "Stirb an einem anderen Tag" im Sommer 2002 "Die Bourne Identität" mit Hauptdarsteller Matt Damon (51) in den Kinos – und ist bis zum heutigen Tag prägend für das Actionkino. Halbherzige Prügeleien waren ab diesem Zeitpunkt passé. Alles musste ultraschnell und hart choreographiert sein. Folgerichtig wurde dann auch gleich Craigs Bond in "Casino Royale" (2006) mit einer schnell geschnittenen, verwackelten Konfrontation auf einer Herrentoilette eingeführt, die Jason Bourne alle Ehre gemacht hätte.
Doch noch mehr als die harte Action unterscheidet Craigs Bond der Umgang mit den Frauen. In den fünf Craig-Filmen werden die Bond-Girls sukzessive als altmodisch und überholt gekennzeichnet. Welcher Bond-Zuschauer hätte sich denn in den 1970er oder 1990er Jahren träumen lassen, dass 007 – wie im letzten Craig-Film "Keine Zeit zu sterben" – eine Frau wie die von Ana de Armas (34) gespielte CIA-Agentin Paloma trifft und nicht mit ihr im Bett landet?
Craigs 007, der übrigens auch deutlich humorloser als die meisten seiner Vorgänger daherkommt, lernt stattdessen in "Casino Royale" mit der von Eva Green (42) verkörperten Vesper Lynd eine ebenbürtige Partnerin kennen, um die er wirklich trauert, als sie stirbt. Sein Bond besitzt ein Gedächtnis, wirkt traumatisiert und stellenweise gebrochen – und besucht in "Keine Zeit zu sterben" sogar Lynds Grab.
In "Spectre" (2015) trifft der neuartige Bond dann auf Dr. Madeleine Swann (Léa Seydoux, 37), verliebt sich erneut, und wäre nach "Keine Zeit zu sterben" (2021) mit ihr glücklich geworden, wenn nicht etwas dazwischengekommen wäre. Craigs Bond, das gilt es festzuhalten, sucht nicht nach sexuellen Abenteuern in Form von austauschbaren Bond-Girls, er sucht im Grunde eine Freundin.
Ob die Reihe auch mit einem neuen Darsteller diese Tradition fortsetzen wird, bleibt abzuwarten, ist jedoch wahrscheinlich. Barbara Broccoli (62), die langjährige Erfolgsproduzentin der James-Bond-Filme, erklärte vor Kurzem gegenüber "Variety", dass sich Bond genauso wie Männer im Allgemeinen verändern und entwickeln würde.