FilmJonas Dassler spielt die Bestie in „Der goldene Handschuh“

Jonas Dassler spielt die Bestie in "Der goldene Handschuh"
Jonas Dassler spielt die Bestie in "Der goldene Handschuh"

Foto: Warner Bros.

Paul VerhobenPaul Verhoben | 12.02.2019, 23:17 Uhr

Horror in Hamburg: In „Der Goldene Handschuh“ treibt sich ein Frauenmörder herum. Der neue Film von Fatih Akin ist zurzeit im Wettbewerb auf der Berlinale zu sehen und wird schwer diskutiert. Doch wer spielt eigentlich diesen Quasimodo, diesen Mann hinter der brutalen Visage?

Jonas Dassler spielt die Bestie in "Der goldene Handschuh"

Foto: Warner Bros.

Seit Fatih Akin 2004 den Goldenen Bären für „Gegen die Wand“ gewonnen hat, wartet die Filmwelt auf einen weiteren, ähnlich genialen Wurf. Zur Berlinale 2019, die seit letzten Donnerstag läuft, hat der Hamburger Filmemacher seinen neuen Film „Der goldene Handschuh“ mitgebracht. Der ist im Wettbewerb zu sehen und wenn man der erhöhten Anzahl an Pressevorführungen Glauben schenken darf, sind alle ganz heiß darauf.

„Der goldene Handschuh“ hat sich bereits ordentlich verkauft. Der Comedian, Entertainer und Autor Heinz Strunk hat sich den wahren Fall des Frauenmörders vorgeknöpft und 2016 einen gnadenlos detailverliebten Schock-Bestseller geschaffen.

Fatih Akin hat nun den Film zu der grauenerregenden wahren Geschichte abgeliefert.

Jonas Dassler spielt die Bestie in "Der goldene Handschuh"

Foto: bombero int. / Warner Bros. Ent. / Foto: Boris Laewen

Der hässliche Unscheinbare

Und damit wären wir beim Thema. Wie findet man einen hässlichen, aber unscheinbaren Schauspieler, der Frauen umbringt, zerlegt und die Teile jahrelang bei sich zu Hause bunkert? Ein Loser, der trinkt und sich dann nicht unter Kontrolle hat?

Der Beau Jonas Dassler, blutjunge 23 Jahre alt, hat es gewagt. Er spielt diesen erbärmlich einsamen, versoffenen Loser. Wir werfen mal einen genaueren Blick auf den Jungstar.

Jonas Dassler spielt die Bestie in "Der goldene Handschuh"

Foto: Warner Bros.

Ein armes Würstchen ist er, dieser Fritz Honka. In seiner Lieblingsspelunke „Der Goldene Handschuh“ gibt er sich Abend für Abend die Kante. Jonas Dassler hat Mut zur Hässlichkeit bewiesen. Nachdem er für „Das schweigende Klassenzimmer“ und „Werk ohne Autor“ quasi nur an der Maskenabteilung vorbei gelaufen ist, musste der Jungschauspieler für seine Rolle als vierfacher Frauenmörder für „Der Goldene Handschuh“ stundenlang ruhig sitzen, um so unansehnlich zu werden. Über das Sozialdrama aus den 1970ern hat der Regisseur auch noch einen „Zombie-Horrorfilter“ gelegt und da musste Jonas Dassler durch. Die Rolle Fritz Honka ist seine erste Hauptrolle.

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Eine Maske macht noch keinen Mörder

Die Maske hilft dem Schauspieler bei der Rollengestaltung als Mörder. Größer war laut Fatih Akin allerdings, die Herausforderung, die Gefühle der Enge, Einsamkeit und des Ekels zu erzeugen. Ein Serienkiller, der hässlich ist, macht an sich noch keinen spannenden Film.

Um sich auf seine schwierige Rolle als mehrfacher Mörder vorzubereiten, diente Jonas Dassler erneut Heinz Strunks Roman als Inspirationsquelle. Dabei profitierten er und die anderen Schauspieler von Strunks akribischer Recherchearbeit: „Strunk hatte Zugang zu Unterlagen, die vorher noch gar nicht gesichtet wurden“, so Dassler.

Jonas Dassler spielt die Bestie in "Der goldene Handschuh"

Foto: Warner Bros.

„Für mich ist es natürlich eine große Herausforderung, so eine Rolle zu spielen. Aber es ist auch ein großes Glück, denn je abgründiger die Figur ist, umso mehr gibt es zu erforschen und zu entdecken und eventuell auch zu spielen. Das mag zu einem gewissen Maße voyeuristisch klingen, aber wenn ich weiß, in welchem Kontext ich diese Figur spiele, es also eine kritische Auseinandersetzung mit dem Thema gibt, findet weder eine Verherrlichung noch eine Ironisierung oder Parodie der Figur statt. Mein Voyeurismus für den Abgrund dient dann einer Figur, einer bestimmten Sache.“

Jonas Dassler spielt die Bestie in "Der goldene Handschuh"

Foto: AEDT/WENN.com

Besonders bemerkenswert findet der 23-Jährige, dass Fritz Honka offenkundig auch durchaus bürgerliche Züge aufwies: „Absurd ist ja, dass man weiß, dass er in gewissem Sinne auch ein sehr ordentlicher und pedantischer Mensch war. In der Tatsache, dass seine Wohnung so aussah, wie sie aussah, er sich aber trotzdem die Mühe gemacht hat, Duftbäume und Klosteine auszulegen, erkennt man seine ganz eigene Logik. Es muss da ein Streben nach Normalität gegeben haben, nach einer Bürgerlichkeit und Spießigkeit.“

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Jonas Dassler als Frauenzerstückler

Eine schreckliche Geschichte, die sich da zwischen 1970 und 1975 zugetragen hatte. Jonas Dassler ist Feuer und Flamme für Fatih Akin: „Fatih war sozusagen meine Kino-Erziehung. Mit seinen Filmen bin ich aufgewachsen. Als die Anfrage für das Casting kam, konnte ich es kaum fassen und musste nicht lange überlegen, ob ich hingehe. Beim Casting kam ich zum ersten Mal in Kontakt mit Fatih, dem Buch von Strunk, überhaupt mit der ganzen Geschichte um Honka und natürlich mit der Figur. Das Drehbuch erhielt ich erst nach der Zusage, wobei klar war, dass es sich bis zum Dreh und währenddessen noch verändern wird. Es beruht also auch auf Vertrauen Fatih gegenüber, dass man zu diesem Thema, der Figur und der Geschichte einen gemeinsamen Zugang und Umgang findet.“

Jonas Dassler spielt die Bestie in "Der goldene Handschuh"

Foto: Warner Bros.

Ein neues Traumpaar?

Der Regisseur über seinen Star: „Jonas ist Dynamit. Jonas ist ein Vollblutschauspieler, er ist absolut bei der Sache, hoch konzentriert. Er holt das Beste aus sich heraus, und die Kamera liebt ihn. Ich denke, das wird auch nicht unsere einzige Zusammenarbeit bleiben. Wir werden hoffentlich noch viele gemeinsame Filme machen.“ Und auch die Presse bejubelt zumindest die schauspielerische Wucht von Dassler.

Fritz Honka, der vier Frauen zersägte und in seiner Wohnung aufbewahrte, wurde 1993 aus der Psychiatrie entlassen. Unter dem Pseudonym „Peter Jensen“ verbrachte er seine letzten Lebensjahre in einem Altenheim. Am 19. Oktober 1998 starb Honka im Alter von 63 Jahren. (Katrin Wessel)