Überheblicher Auftritt danachESC: Pleitesänger Jendrik Sigwart zeigt seinen Kritikern den Mittelfinger
Der Hamburger Sänger Jendrik Sigwart hat die fast ausnahmslose Pleiteserie Deutschlands beim Eurovision Song Contest fortgesetzt. Seinen vorletzten Platz lacht er weg. Dem deutschen Gebührenzahler und seinen Kritikern zeigt er den Mittelfinger.
„I don’t feel hate“, hieß das zu vollgepackte Werk des 26-jährigen Musicalsängers Jendrik Sigwart. Es reichte für den vorletzten Platz 25. Von den Zuschauern aus 39 Ländern gab es null Punkte und drei bedeutungslose Pünktchen gab es von den Jurys aus Österreich und Rumänien. Dem Interpreten scheint das egal.
Hauptsache ESC – Platzierung egal?
Mit einer überraschenden Überheblichkeit ließ der junge Mann (O-Ton Peter Urban: „Wirbelwind gegen Hassbotschaften im Netz“) dann die Katze aus dem Sack. In einem Pressestatement nach dem Auftritt sagte der Kunstblond-Schopf über seine Katastrophen-Platzierung frei von jeglicher Demut: „Ich bin wirklich happy! Das ist voll Scheiße, das jetzt zu sagen, oder? Aber ich bin ehrlich.“
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Der 26-Jährige weiter: „Ich habe schon vor zwei Monaten vermutet, dass ich nicht die Erwartungen der anderen erfüllen werde. Aber ganz ehrlich: Mein Ziel war es, zum ESC zu kommen! Und das habe ich geschafft, indem ich die deutschen Jurys mit meinem Lied überzeugt habe. Ich wusste, dass ,I don’t feel Hate‘ nicht mein bestes Lied ist, ich habe geilere, aber ich wusste auch, dass ich von den deutschen Jurys nur mit diesem Lied für den ESC ausgewählt werde. Bisschen hinterhältig, oder?“ Allerdings. Auch beim verantwortlichen NDR bleibt einiges zu hinterfragen angesichts dieser Leck-mich-am-Arsch-Haltung, die jeglichen Kampfesgeist vermissen lässt.
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Jendrik Sigwart verweist auf seine Follower
Auf die Frage, ob ihm denn die null Punkte vom europäischen TV-Publikum gar nicht „weh getan“ hätten, antwortete der Sänger der „Bild“-Zeitung: „Nein. Es gibt genug Leute, die meine Musik mögen. Ich habe allein heute 8.000 neue Follower auf Instagram bekommen, seit meiner Nominierung waren es 30.000.“ Man hört den Mann regelrecht laut lachen, dem der Zuwachs seiner Follower offenbar mehr bedeutet, als seine Heimat enttäuscht zu haben. Auf seinem Instagram-Account zeigt er mit einem Backstage-Bild seinen Kritikern den Mittelfinger.
Die Resonanz in den deutschen Medien teilt sich weitestgehend mit der in den Sozialen Medien. Hier ein paar Auszüge.
Die Fehler lieber bei anderen suchen
„Dass vieles nicht rund lief beim deutschen Auftritt, kann man ruhig zugeben. Doch leider ist auch das typisch Deutsch – die Fehler nicht bei sich selbst zu suchen. „Das war ein perfekter Auftritt, eine in sich schlüssige Inszenierung mit einer wichtigen Botschaft“, teilte der NDR am Sonntagmorgen mit. „Dass Musik polarisiert und Geschmackssache ist, wussten wir auch.“ Klar ist Musik Geschmackssache. Aber es ist ja nicht so, dass sich 24 Rocknummern vor Jendrik platziert hätten, sondern ein so breit gefächertes Spektrum an verschiedenen Musikstilen, wie selten zuvor bei einem ESC.“ (FAZ)
Albernes und aufgeblasenes Gehampel
„Jendrik strauchelte so hilflos mit seiner Ukulele kieksend und kichernd durch einen Song, der alle paar Sekunden wieder abrupt die Richtung wechselte, vom drolligen Do-It-Yourself-Straßenmusiker-Geklampfe zu kreischenden Bollerpop- und Welchen-Sound-haben-wir-da-noch-Bumsbeat-Passagen und wieder zurück. Dabei wurde er von Tänzerinnen begleitet, von denen drei sich als Mondrian-Gemälde verkleidet hatten und eine weitere im Kostüm einer großen gelben Hand steckte: ein derart untalentiertes, albernes und dabei aufgeblasenes musikalisches Gehampel wie in diesem Song bei gleichzeitig maximal aufdringlichem Herumwedeln mit einer emanzipatorischen Botschaft – wir sind doch alle gleich, und warum sollten Männer kein Make-up tragen dürfen –, das war selbst für den ESC außergewöhnlich behämmert.“ (Die Zeit)
Völlige Verkennung der Realität
„Wie kann das nur passieren? Der Sänger sei doch so talentiert und so charmant, tönt es seit Wochen aus der gut geölten PR-Maschine des für Deutschland zuständigen Senders, des NDR. Kaum ist der vorletzte Platz besiegelt, müht sich der langjährige ESC-Kommentator Peter Urban um eine Erklärung. Der Titel sei wohl zu schwierig und nicht verständlich für das europäische Publikum, mutmaßt Urban in völliger Realitätsverweigerung, denn dass es mit diesem Titel nichts zu gewinnen gibt, urteilen alle Fans und Experten seit dem Tag, als der Titel veröffentlicht wurde.“ (Berliner Zeitung)
Miserables Ergebnis
„Mit viel Aufwand hatte der für den ESC verantwortliche Sender den Kandidaten in einem internen Verfahren ausgewählt. Eine Jury aus 100 sogenannten ESC-Experten und 20 internationalen Sachverständigen hatte Sigwart aus hunderten von Interpreten ausgesucht. Mehrere Songwritingcamps – auch im Ausland – wurden veranstaltet. ‚Da werden bestimmt noch einige Songs zu Hits werden‘, hieß es. Fehlanzeige. Das Ergebnis kennen wir. ‚Die Zuschauer haben das so entschieden‘ oder ‚die interne Jury hat das so entschieden‘ – das waren die Sätze, die bislang vom NDR zu den miserablen Ergebnissen zu hören waren. Doch wer nur die Wahl aus semiguten Songs hat, kann eben nur daraus auswählen.“ (Stern.de)
Deutschlands ESC-Platzierungen seit Lenas Sieg 2010
2021: Jendrik Sigwart mit „I Don’t Feel Hate“ – Platz 25 (von 26)
2020: ESC ausgefallen
2019: Sisters mit „Sister“ – Platz 25 (von 26)
2018: Michael Schulte mit „You Let me Walk Alone“ – 4. Platz
2017: Levina mit „Perfect Life“ – 25 (von 26)
2016: Jamie-Lee Kriewitz mit „Ghost“ – 26 (letzter Platz)
2015: Ann Sophie Dürmeyer mit „Black Smoke“ – 27 (letzter Platz)
2014: Pop-Trio Elaiza mit „Is It Right“ – 18. Platz
2013: Cascada mit „Glorious“ – 21. Platz
2012: Roman Lob mit „Standing Still“ – 8. Platz
2011: Lena Meyer-Landrut mit „Taken by a Stranger“ – 10. Platz
2010: Lena Meyer-Landrut mit „Satellite“ – 1. Platz