Neues AlbumJane Birkin zum 30. Todestag ihres Ex: „Serge Gainsbourg hatte ein Herz aus Gold“
Sie wurden 1969 ein Paar und lebten bis 1980 zusammen: Am 2. März jährt sich der 20. Todestag des wohl einflussreichsten und kreativsten Singer-Songwriter Frankreichs, Serge Gainsbourg. Im Interview mit klatsch-tratsch.de erzählt die britische Schauspielerin Jane Birkin, was sie über die Liebe zu Gainsbourg gelernt hat und wieso sie auf Gainsbourg nichts kommen lässt.
„Hallo Jane B.“, grüßen wir ans andere Ende der Telefonleitung. Jane Birkin lacht, während ihre Bulldoggenhündin Bella bellt. So wie in dem 1969 von Serge Gainsbourg geschriebenen Song hat die Britin nämlich schon länger niemand genannt, verrät sie.
Vor 30 Jahren starb ihr Ex-Lover, mit dem sie den Welthit „Je t’aime … moi non plus“ einstöhnte und kurz darauf ihre Tochter Charlotte Gainsbourg zeugte, die wie sie Sängerin und Schauspielerin ist. Stilikone und Muse Birkin trägt mit 74 noch die Ponyfrisur und das schöne Lächeln wie damals – zu bewundern ist es in ihrem Video zu „Les Jeux Interdits“. Der Song stammt von ihrem neuen Album „Oh! Pardon Tu Dormais“, das sowohl melancholische als auch poppige Momente bereit hält.
Im 1. Teil des Gespräch mit klatsch-tratsch.de-Starreporterin Katja Schwemmers erzählt Birkin, was sie über die Liebe gelernt hat und wieso sie auf Serge Gainsbourg nichts kommen lässt.
Ms. Birkin, Sie haben Serge Gainsbourg jüngst verteidigt gegen Anschuldigungen der frankobelgischen Sängerin Lio, die ihn als „Harvey Weinstein des Chanson“ bezeichnete.
Natürlich! Serge schrieb Songs, die skandalös waren, er war jemand, dem es gefiel, zu provozieren, er schrieb die krassesten Gedichte, er konnte grausam, sarkastisch und schwierig sein, aber er hatte ein Herz aus Gold. Jeder der ihn kannte, weiß, dass man seine Skandale nicht auf ihn als Menschen projizieren konnte. Er schlich auch keinen Teenagern hinterher und drohte ihnen später, damit sie ja nichts auszuplaudern. Er war der Typ Oscar Wilde, der nie widerstehen konnte, einen markigen Spruch abzusetzen. Es war manchmal schmerzvoll, aber sie machten es, weil sie brillant waren, weil sie die Provokation und das Wortspiel liebten.
Und wie bewerten Sie das heute?
Damals hätte ihm schon gerne gesagt, dass er weniger trinken soll. Aber 30 Jahre später denke ich manchmal, er hat doch eigentlich nur die Wahrheit ausgesprochen. Was ist schlimm daran? Wenn Serge im Fernsehen war, schalteten alle ein, um zu sehen, was er als nächstes anstellt: Würde er eine 500-Franc-Geldnote verbrennen, würde er wieder sagen „I want to fuck her“ wie damals zu Whitney Houston?
Werden die Anschuldigen seinen Ruf beschädigen?
Nein. Man muss nur die Zeitungen aufschlagen, um zu sehen, dass er auch 30 Jahre nach seinem Tod der größte Dichter ist, den die Franzosen aus der jüngsten Vergangenheit erinnern. Sein Haus ist ein Museum. In den nächsten drei Monaten werden ihm zu Ehren Feierlichkeiten in Frankreich abgehalten, die nicht größer sein könnten und mit nichts vergleichbar sind.
Sind Sie ihm dankbar? Denn die freiheitsliebende, provozierende „Jane B.“, so wie die Leute Sie lieben lernten, hätte es ohne Serge aber gar nicht gegeben, oder?
Das stimmt. Serge war derjenige, der mich ermutigt hat. Als ich noch in England lebte und diese desaströse Ehe mit John Barry führte, war ich so unglücklich. Meine Eltern hatten mich gewarnt: „Heirate nicht! Er ist zu attraktiv, den bist du gleich wieder los.“ Aber ich wollte es nicht wahrhaben. Ich dachte, ich hätte den wundervollsten, brillantesten Ehemann der Welt. Den Rat hätte ich annehmen sollen. Mein Baby Kate war das Einzige, was mich aufmunterte. Ich hatte zwar eine wundervolle Kindheit und Teenagerzeit mit meinem Bruder und meiner Schwester, aber das Leben verdunkelte sich in den Jahren meiner ersten Ehe. Alles, was Spaß machte, passierte erst nach meinem Umzug nach Frankreich.
Ihre Hauptrolle im Film „Slogan“ von 1969 sorgte für das schicksalhafte Treffen.
Ja, ich begegnete Serge. Er fand mich schön. Wir sangen „Je t’aime … moi non plus“, das Lied wurde plötzlich zum Riesenhit. Wir bekamen eine zweite Tochter, wir machten all die Fotografien für die Ewigkeit und hatten so viel Spaß bei Auftritten im Fernsehen. So ein Leben hätte ich ganz sicher niemals in England führen können. Auch deshalb habe ich Paris in über 50 Jahren nicht den Rücken gekehrt.
Serge Gainsbourg hat Ihnen wundervolle Lieder auf den Leib geschrieben. Ist es dann nicht schwierig, dem musikalisch eins drauf zu setzen?
Die Songs, die Serge mir nach meiner Trennung von ihm gab, um sie zu singen, waren Lieder über seine Traurigkeit. „Fuir le bonheur de peur qu’il ne se sauve“ oder „Les dessous chics“ – all diese wunderbaren Stücke handeln von der Misere, durch die er ging. Er erwartete von mir, dass ich seine Seite der Geschichte singe. Ich habe das getan; die viele Jahre über als er am Leben war und noch mal weitere 30 Jahre nach seinem Tod. Aber nachdem ich mein Leben lang über seine Gefühle gesungen habe, fand ich, dass es mal an der Zeit wäre ein Album machen, dass meine Gefühle repräsentiert.
Fühlt sich das wie ein Befreiungsschlag an?
Solche Gedanken habe ich nicht. Ich freue mich einfach nur, dass die Leute es mögen. Lange Zeit dachte ich, ich wäre nur sein Produkt. Dass das britische Mojo-Magazin dem Album vier Sterne gab, hat mich auch deshalb überrascht.
Wie haben Sie es geschafft, nach der Trennung Freunde zu bleiben?
Ich habe gar nichts geschafft. Ich wollte natürlich gerne mit Serge befreundet sein. Aber ich war diejenige, die weggelaufen war mit einem anderen Mann, es war also nicht unbedingt davon auszugehen. Doch es war mein Glück, dass Serge mich in seinem Leben behalten wollte, auch als er schon längst eine neue Bindung mit Bambou hatte. Wir wurden zu den Freunden, die wir nie waren, als wir noch liiert waren. Wir waren einfach zu sehr damit beschäftigt, das Leben voll auszukosten. Es war nun mal eine außergewöhnliche Zeit mit einem außergewöhnlichen Mann.
Was haben Sie über die Liebe gelernt?
Das ist, als würden Sie mich fragen: „Wie haben Sie gelernt zu atmen, als Sie geboren wurden?“ Ich weiß es nicht, ich liebte einfach.
Würden Sie sagen, Sie hatten Glück in der Liebe?
Oh ja. Schreckliches Glück!
Das neue Album von Jane Birkin „Oh! Pardon Tu Dormais“ ist gerade erschienen.