Punk-LegendeWas macht eigentlich Nina Hagen?
Nina Hagen zählt zu Deutschlands bekanntesten Musikerinnen — der Einfluss des „schrägen Vogels“ auf die Popkultur war enorm. Was aber macht sie heute?
Zur Verabschiedung von Angela Merkel nach 16 Jahren als Bundeskanzlerin hat sich die Regentin u.a. auch den DDR-Hit „Du hast den Farbfilm vergessen“. Der Song wird am Donnerstagabend (2. Dezember) vorgetragen in einer Blaskapellenversion vom Stabsmusikkorps der Bundeswehr.
Der Anti-Schlager hatte Nina Hagen 1974 in der DDR schlagartig bekannt gemacht.
Punk ist nicht tot, Punk trompetet beim #Zapfenstreich #Merkel pic.twitter.com/DCD8lyrg9Z
— Lady Marjohohohorie (@majorie_lady) December 2, 2021
„Godmother of Punk“
Nina Hagen (66) wird oft die „Godmother of Punk“ — die Patin des Punk — genannt. Sie war musikalische Wegbereiterin, schriller Paradiesvogel und, das vergisst man hierzulande gerne mal, ein wichtiger Einfluss für eine Vielzahl an internationalen Bands.
Seit einiger Zeit ist es etwas still um die Musikerin geworden — Grund genug, mal einen Blick darauf zu werfen, was die Künstlerin heute so macht. Bei Facebook ist sie fleissig am Posten, vorrangig Links zu älterer Musik, die sie berührt. Eine Huldigung zu Britneys Spears Befreiung von der Vormundschaft findet man da.
Presseanfragen beantwortet die 66-jährige nicht, die ein Jahr jünger als Merkel ist. Ihr einstiger Manager hat nix mehr von ihr gehört. „Sie hat die Zusammenarbeit schon vor 5 Jahren beendet“, schrieb er dieser Seite schon Ende 2020.
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Das letzte musikalische Lebenszeichen
Ihr letztes Album „Volksbeat“ ist schon eine ganze Weile her — es erschien 2012. Darauf widmet sich Hagen gleichermaßen Jesus (wie schon auf dem Vorgängeralbum „Personal Jesus“) sowie ihren politischen Überzeugungen. Danach gab es noch zwei Best-of-Compilations.
Vor nicht allzu langer Zeit gab’s mal wieder ein musikalisches Lebenszeichen: 2020 veröffentlichte sie die Single „Unity“ — eine Hymne an die „Black Lives Matter“-Bewegung, auf der auch Funk-Legende George Clinton (80) zu hören ist. Der Song machte so richtig Laune auf mehr – bisher kam allerdings leider noch nichts.
Politische Äußerungen
Nina Hagen ist durch und durch ein politischer Mensch — daraus macht sie keinen Hehl.
Auch darüber, auf welcher Seite sie steht, lässt sie keinen Zweifel, auch wenn sie die Parteipräferenzen schon mal gewechselt hat. 2009 hatte die Musikerin im Wahlkampf noch das Bündnis 90/Die Grünen unterstützt — 2017 trat sie dann aber bei der Veranstaltung „Links wo das Herzschlägt“ von DIE LINKE auf. Hagen engagiert sich auch für besondere soziale Zwecke. Unter anderem machte sie sich für die Freilassung von fälschlicherweise in Psychiatrien festgehaltener Menschen ein — und auch die Entschädigung von Pharma-Opfern steht auf ihrer Agenda.
Schräge Auftritte
Dass Nina Hagen gerne schrille Performances in Talkshows hinlegt, ist kein Geheimnis. 1979 demonstrierte sie in der österreichischen Sendung „Club 2“ vor laufender Kamera, wie man masturbiert — und sorgte damit für viel Furore und einen geschichtsträchtigen Auftritt. Seit den 2000er-Jahren waren es aber eher seltsam anmutende, esoterische Auftritte, die für Diskussionsstoff sorgten — zum Beispiel, als sie bei „Menschen bei Maischberger“ zu Gast war und dort von der Entführung von Außerirdischen und „satanischem Einfluss“ sprach. Zwischen Hagen und Wissenschaftsmoderator Joachim Bublath (78), der mit ihren Schilderungen nicht wirklich viel anfangen konnte, kam es zum Eklat. Schlussendlich verließ Bublath sogar die Sendung, Gastgeberin Sandra Maischberger (55) attestierte, sie habe „mit Verlaub, Nina, das Gefühl, dass wahnsinnig viel in deinem Kopf wirklich durcheinandergeht“.
Soundtrack für Merkel-Abgang
Zuletzt machte Nina Hagen eher unfreiwillig Schlagzeilen: Wie vor kurzem bekannt wurde, suchte sich Angela Merkel (67) für ihren offiziellen Abschied — den Zapfenstreich — Hagens Version des DDR-Klassikers „Du hast den Farbfilm vergessen“ aus. Mit diesem Song feierte Hagen in den 1980er-Jahren große Erfolge.
Dass sie zu dieser Ehre kam, kommentierte Hagen mit einem langen Facebook-Posting, in dem sie erklärte, dass sie Merkels Wahl zunächst für einen Scherz gehalten hätte. Dann wird sie gleichermaßen politisch wie missionarisch. „ Das ist ein Song mit Text von Kurt Demmler, und dass jedoch der Kurt Demmler ein DDR-‚Staatsdichter’ mit Sonderprivilegien war und später ein wegen systematischen Kindesmissbrauchs verurteilter Sexualstraftäter, der im Gefängnis Selbstmord beging… wird ihr hoffentlich bekannt sein“, schreibt sie darin— das ganze Statement gibt es hier zu lesen.
Nina Hagen als Schauspielerin
Als Schauspielerin trat sie schon zu DDR-Zeiten vor die Kamera, zuletzt 2015 im Film „Desire Will Set You Free“ in Erscheinung. Das Thema des Films aus der Feder von Regisseur Yony Leyser: das Berliner Nachtleben. Im selben Jahr trat sie auch mit einem Live-Programm bestehend aus (nicht nur) Stücken von Bertold Brecht auf. „Brecht-Lieder-zur-Klampfe“ hieß das zunächst — und wurde von der „BZ“ damals mit den Worten „altersweise statt anarchistisch“ betitelt. Ein Jahr später war sie im Schwarz-Weiß-Musikfilm „Gutterdämmerung“ zu sehen.
Unvergessen übrigens auch ihr ultraschräger Song „Hatschi Waldera“ von 1975:
Bleibt zu hoffen, dass die „Godmother of Punk“ bald mal wieder ein neues Album veröffentlicht. Bis dahin gilt es, positiv zu bleiben — oder um es mit ihren eigenen Worten aus dem Song „Unity“ zu sagen: „There is no room for negativity, positive vibrations surround the world`s nations!“ (auf Deutsch: „Es gibt keinen Platz für Negativität, positive Stimmung umgibt die Nationen der Welt!“)