Seit fünf Jahren in Schauspiel-RenteDaniel Day-Lewis: Der Meister mit Methode wird 65
Ob mörderischer Schlächter oder gelähmter Feingeist: Daniel Day-Lewis gilt vollkommen zu Recht als einer, wenn nicht der beste Schauspieler unserer Zeit. Am 29. April wird er 65 Jahre alt - fünf davon verbringt er bereits in Schauspiel-Rente.
Wenn Daniel Day-Lewis (65) einen Metzger verkörpern soll, lernt er zuvor, wie man ein Schwein professionell zerlegt. Als letzter Mohikaner meisterte er zunächst den Kanu-Bau. Und für „Mein linker Fuß“ verbrachte er fast den gesamten Dreh und auch private Stunden im Rollstuhl. Kurzum, Daniel Day-Lewis, der am 29. April seinen 65. Geburtstag feiert, ist im positivsten aller Sinne ein Verrückter. Jemand, der die Selbstaufgabe für eine Rolle patentiert hat. Der als bislang einziger Mann drei Oscars für eine Hauptrolle einfahren konnte. Und einer, der mit seinem Abschied vor fünf Jahren ein gewaltiges Loch in die Leinwand gerissen hat.
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Ein vorgefertigter Weg
Dass Daniel Day-Lewis mehr als nur Außenseiterchancen auf eine Laufbahn in der Filmindustrie haben würde, dürfte bei einem Blick auf seine irische Familie schon in seiner Jugend klar gewesen sein. Seine Mutter Jill Balcon verdiente als Schauspielerin ihr Geld, Ehemann Cecil Day-Lewis als Schriftsteller. Sein Großvater Michael Balcon durfte sich derweil Chef des Ealing Studios nennen, einem renommierten britischen Filmstudio. Bevor er jedoch ins Filmfach wechselte, verdiente er sich erst über Jahre hinweg einen exzellenten Ruf im Theater.
Eine (zu) zarte Seele?
Wenn man Day-Lewis in Interviews oder vor allem bei seinen Dankesreden sieht und hört, traut man mitunter seinen Sinnen nicht. Schüchtern und mit zarter Stimme redet der 1,87 Meter große Mime, den Blick mehr auf den Boden als stolz nach vorne gerichtet. Kann das wirklich derselbe Mann sein, der sich in „There Will Be Blood“ mit Schaum vor dem Mund als die dritte Offenbarung Gottes sah? Der als William „The Butcher“ Cutting auch abseits der Kamera so überzeugend den Wahnsinnigen spielte, dass ihm die Menschen am Set von „Gangs of New York“ lieber aus dem Weg gingen?
In der Geschichte des Kinos gab es schon viele „Method Actor“. Doch egal ob Marlon Brando (1924-2004) oder Robert De Niro (78), selbst ihnen fehlte es im Vergleich zu Day-Lewis an der Konsequenz, wirklich für jede einzelne Rolle ans Limit zu gehen. Oder aber an der Konsequenz, manche Parts nicht zu übernehmen. So hält sich hartnäckig die Geschichte, dass Day-Lewis die Rolle als Aragorn in „Der Herr der Ringe“ ablehnte, weil eine derartige Fantasy-Figur nicht mit seinem „Method Acting“ vereinbar gewesen sei.
Vielleicht aber ist diese Fähigkeit, für einen Film jede Faser der eigenen Existenz aufzugeben und sich in eine andere Person zu verwandeln, auch sein Fluch. „Ich weiß noch, dass Paul und ich viel gemeinsam gelacht haben, bevor wir den Film drehten. Und dann hörten wir auf zu lachen, weil wir beide von einem Gefühl der Trauer übermannt wurden. Das hat uns beide überrascht: Wir hatten nicht realisiert, was wir da auf die Welt gebracht haben. Es war schwer damit zu leben und das ist es noch immer.“ Das hatte er über seinen, wie es auch heute noch aussieht, letzten Film „Der seidene Faden“ gesagt, der 2018 in die Kinos kam. Mit damals 60 Jahren hatte Day-Lewis offenbar keine Kraft mehr für diese 100-prozentigen Selbstaufgaben. Und darunter macht er es nicht.
Kein Mann für die Nebenrolle
Bleibt es bei seiner Entscheidung, so wird sich Daniel Day-Lewis auf der Kino-Leinwand insgesamt 20 Mal einer anderen Person angenommen haben. Dass seine Entscheidung final ist, daran darf zumindest auch fünf Jahre später noch ein wenig gezweifelt werden, wenn man seinen Werdegang kennt. Denn schon in den 90er Jahren legte er für diesen Zeitraum eine Pause ein – um in Florenz die Kunst des Schuhmacherhandwerks zu lernen.
1982 startete seine Karriere in Hollywood mit einer kleinen Rolle im Film „Gandhi“, kurz darauf stand er mit Mel Gibson (66) und Anthony Hopkins (84) auf der „Bounty“. 1990 begann dann, was zu einer einzigartigen Karriere werden sollte. Damals erhielt er den Oscar für seine unfassbare Darbietung des spastisch gelähmten Schriftsellers und Malers Christy Brown (1932-1981) in „Mein linker Fuß“. Es folgten zwei weitere Hauptdarsteller-Oscars für „There Will Be Blood“ und „Lincoln“, drei weitere Male war er in dieser Kategorie nominiert – Daniel Day-Lewis war nie ein Mann für die Nebenrolle.
Bei seiner Dankesrede 2008 für „There Will Be Blood“ scherzte er übrigens noch, dass er einem Ritterschlag wohl nie näher kommen werde – weil ihm Helen Mirren (76, „Die Queen“) damals den Oscar überreichte. Sie hat für ihre Performance als Queen Elizabeth II. 2007 einen Goldjungen bekommen. Jahre später strafte Prinz William (39) den Vater von drei Söhnen Lügen. 2014 schlug der Queen-Enkel Daniel Day-Lewis zum Ritter.