Grenzenlos ehrlichGrandiose Sophia Thomalla: „Einen Scheiß muss ich…!“
Kaum jemand ist so selbstbestimmt und offen wie Sophia Thomalla, trotzdem eckt die Moderatorin regelmäßig an. Nun redet sie Tacheles.
Wenn man sich die Welt der Sophia Thomalla ansieht, gibt es da sehr viel, was Feministinnen gefallen könnte: Sophia ist emanzipiert, selbstbewusst und ehrlich, sie ist politisch aktiv und gesellschaftlich engagiert – vor allen Dingen widerspricht sie allen Klischees, die man im Allgemeinen von TV-Schönheiten und Models hat. Doch leider sehen das die meisten Feministinnen anders.
Nieder mit den Vorurteilen
„Das Bizarre an dem ganzen Feminismus-Gebrassel ist ja, dass die Feministinnen einem verkaufen wollen, dass wir als Frauen machen dürfen, was wir wollen“, sagt Sophia Thomalla im FAZ-Interview. „Machen wir aber, was wir wollen, dann ist es auch wieder nicht recht.“ Die 32-Jährige weiß, wovon sie spricht. Egal, wo sie auftritt, irgendjemand findet immer etwas, worüber er, sie und es sich aufregen können.
„Ich sage, was ich will, ich trinke, was ich will. Ich verdiene Geld mit dem, was ich will. Und zwar auch in Männerdomänen. Sand, Korn, Kies. Eigentlich müssten mir die Feministinnen die Füße küssen“, bringt es Thomalla auf den wunden Punkt. Die Füße, die sie an ihrem Körper übrigens am wenigsten mag, hält sie einfach nicht still genug, als dass eine angesehene Frauenvertreterin auf die Knie gehen würde.
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Thomalla in der Politik
Wie wertvoll die laute Stimme von Sophia Thomalla sein kann, hat zumindest unsere Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel erkannt. Sie hatte kein Problem damit, sich im Wahlkampf von der bodenständigen Powerfrau unterstützen zu lassen. Geholfen hat es am Ende nicht wirklich, denn der Ex-Kanzlerin wurde das positive Fazit, das sie aus dem Treffen mit Frau Thomalla gezogen hatte, nämlich dass Frauen in unserer Gesellschaft alles werden können, direkt um die Ohren gehauen.
„Der Hass, der mir entgegenkommt, kommt zu 99 Prozent von Frauen“, stellte Sophia Thomalla vor einiger Zeit gegenüber der Bild am Sonntag fest. Sie wird gern missverstanden, weil sie sich zu freizügig zeigt, weil sie angriffslustig ist und weil sie die meisten anderen Damen vermutlich unter den Tisch trinken kann. Merkels Nachfolger Laschet hatte auch kein Problem mit ihr und nahm ihre Wahlkampfhilfe ebenfalls in Anspruch.
Merz und Merkel
Doch mehr als einen Auftritt wollte Frau Thomalla nicht machen, die CDU angeblich schon: „Ich bin in der Entertainment-Branche tätig – und das soll auch so bleiben. Ich fange jetzt nicht an, mich im Bundestag hinzupflanzen und die Leute mit meinem Gedankengut zu behelligen“, stellt Thomalla im FAZ-Interview klar, „ich liebe mein Land, zu viel von mir tut ihm nicht gut.“ Selbstironie hat sie auch drauf.
Auf den Vorwurf, dass sie nach Merkel nun deren ewigen Kontrahenten Friedrich Merz unterstütze, obwohl die beiden ja so ungleich sind wie es CDU intern nur möglich sein kann, antwortet Thomalla gelassen: „Ich fand nie gleichzeitig beide gut. Solange Frau Dr. Merkel da war, fand ich sie konkurrenzlos. Ohne sie fand und finde ich Merz eben die beste Wahl.“ Mal sehen, wer ihr das bald vorwirft.
Drei Väter und eine Mutter
Ihr wird es ziemlich egal sein. Eigentlich muss man Schauspielerin Simone Thomalla (56) gratulieren, dass sie ihre Tochter zu einer so selbstbewussten Frau erzogen hat. Die drei Väter, die ihren Teil dazu beigetragen haben, könnten unterschiedlicher kaum sein: Der leibliche Vater André Vetters (61) ist ein ziemlich entspannter und intelligenter Schauspieler, der lieber auf der Bühne steht als vor Kameras zu treten.
Etwas extrovertierter zeigte sich der zweite Vater TV-Schauspieler Sven Martinek (57), der die Grundschulzeit der jungen Thomalla als Vater begleitet hat, ist bis heute ein guter Freund der Familie – wie André Vetters natürlich auch. Patchwork bedeutet bei den Thomallas, dass die Familie beständig wächst. Der leider bereits verstorbene Rudi Assauer betreute die schwerste Phase, die Teenagerjahre, und gab Sophia mit Sicherheit Weisheiten fürs Leben mit auf den Weg, die in keinem Erziehungsratgeber Platz finden würden.
Ehrlich und direkt
Insgesamt ist Sophia Thomalla das ehrliche Mädchen von nebenan, dass keine Allüren braucht, um sich ernst genommen zu fühlen. „Ich hab überhaupt keine Ansprüche an die anderen“, sagt sie und das glaubt man sofort. „Aber viele haben Erwartungen an mich – und ich bin nicht bereit, sie einfach zu erfüllen, wenn es mir nicht passt. Dadurch entstehen Konflikte.“
Ob nun Redakteure meinen, sie dürfe ein Format nicht sprengen, ob Feministinnen urteilen, wer Gendern kritisch sehe, dem fehle Ernsthaftigkeit – so wurde die Sendung „Hart aber fair“ aus der Mediathek genommen, weil die Auswahl der Gäste und die Gesprächsleitung für die Ernsthaftigkeit des Themas nicht ausreichend gewesen wären – Thomalla, die in der Sendung die Gleichstellungsdebatte gewohnt provokant befeuert hatte, empfand das als Zensur – oder ob Journalisten auf bestimmte Antworten hoffen: Frau Thomalla bleibt unberechenbar.
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Niemand soll ihr etwas vorschreiben
Gerade bei Letzteren denkt sie sich „hör mal zu, ’n Scheiß muss ich. Meine Mutter sagt immer: Die Zahnpasta geht nicht zurück in die Tube? Für mich geht die Zahnpasta hervorragend zurück in die Tube!“ Deshalb sagt sie, was sie jetzt denkt und nicht was ihr morgen zugutekommen würde. Es gibt ja sogar Menschen, die ihr gar nichts gönnen, weil sie eine zu starke Persönlichkeit hat.
Verletzlich zeigt sie sich eigentlich nur, wenn sie frisch verliebt ist. Dann überlegt sie doch, was sie öffentlich macht und was nicht. Wenn sie mit jemanden zusammen ist, der ebenfalls in der Öffentlichkeit steht, gibt sie gern in den sozialen Medien das eine oder andere preis. Wenn sie es nicht machen würde, gäbe es sicher noch mehr Gerüchte. Dabei bleibt jeder eine eigenständige Person: ihr aktueller Freund Tennis-Star Alexander Zverev und Sophia Thomalla sowieso.
Neue Feministinnen-Typen braucht das Land
Solche Frauen wie Sophia Thomalla braucht es auch, um die Emanzipation zu vollenden, Denn nur Intellektuelle, die den Kampf mit klaren Argumenten und wenig Emotionen führen, bringen die Damenwelt nicht auf eine Stufe mit den Männern. Sophia Thomalla, der ein Herrengedeck näher ist als ein Champagnerkelch, schafft es, die Stammtische aufzumischen. Denn auch dort muss sich etwas ändern, damit Gleichberechtigung unabhängig von Bildung und Einkommen möglich wird.