Selbstjustiz ist keine LösungMartin Rütters Video gegen Hetze sät Hass im Netz
Martin Rütter ist ein Hunde-Experte und ein Freund der offenen Worte. Um Mathias Mester gegen Internethetze zu verteidigen, geht er selbst viel zu weit, doch alle jubeln ihm zu.
Darf man keine Kritik an jemandem äußern, der sich für die gute Sache einsetzt? So scheint es, denn Martin Rütter (51) stellt eine Frau öffentlich an den Pranger, überlässt sie dem Mob und wird dafür als Held gefeiert. Klar, der Hundetrainer und TV-Star wollte nur gegen Diskriminierung im Netz vorgehen und seinem Freund Mathias Mester (35) beistehen. Doch jedes Mittel darf dabei nicht recht sein.
Hass und Häme sind unentschuldbar
Der kleinwüchsige Leistungssportler Mathias Mester hatte zuletzt als Kandidat bei „Let’s Dance“ erfahren müssen, wie schnell man Opfer von Hass und Hetze im Netz werden kann. Bei Instagram gab es zahlreiche Kommentare, die ihn übel beleidigten und diffamierten. Für Martin Rütter gingen einige User viel zu weit. Er ist nicht bereit, das länger so hinzunehmen. Deshalb nutzt er seine Reichweite für eine Kampfansage.
Martin Rütter stellt Internet-Hetzerin zur Rede. Geht er damit zu weit?
„Interessant ist, finde ich, dass viele Menschen das Gefühl haben, dass das Internet scheinbar ein rechtsfreier Raum ist und man da diffamieren und pöbeln kann, wie man lustig ist“, kommentiert Martin Rütter den Ernst der Lage in einem Video, das er auf Instagram veröffentlicht. Wir seien alle gefragt, das zu stoppen. Das stimmt.
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Frau wird an den Pranger gestellt
Um im Internet einen Raum zu schaffen, der moralischen Wertesystemen standhält, muss man den Tätern aber einen fairen Prozess machen. Jemanden, der nicht in der Öffentlichkeit steht, ins Rampenlicht zu zerren, um ihn vor versammelter Meute mit seinen Taten zu konfrontieren, ist eindeutig ein falsches Mittel. In seinem siebenminütigen Statement kommt zudem nur der emotional aufgebrachte Martin Rütter zu Wort.
Es ist sein Account und seine Meinung, die er natürlich verbreiten darf. Aber Martin Rütter macht die Frau nicht unkenntlich. Im Gegenteil: Rütter veröffentlicht ihren Namen, ihr Instagram-Profil und ihre Arbeitsstätte. Außerdem weist er darauf hin, dass es nicht schwer sei, ihre Telefonnummer herauszufinden. Wer so ungeschützt lebt, hat vermutlich auch eine Adresse, die für jedermann einzusehen ist.
Selbstjustiz im wahren Leben
Nicht auszudenken, was das für Folgen haben kann, wenn ein übereifriger Follower die Sache in die Hand nimmt und bei der Dame auf der Matte steht. Angeblich hat der Hunde-Experte lange überlegt, ob sein Video zu viel des Guten sein könnte, doch leider kam Rütter zu dem Schluss, dass er das Richtige macht. Das Video ist noch immer online, die Frau noch immer zu erkennen. Zahlreiche Promis verbreiten das Statement weiter auf ihren Plattformen. Mathias Mester zählt übrigens nicht dazu.
Wieso denkt denn hier keiner einen Schritt weiter? Muss der Frau erst etwas passieren? Weiteren Hass zu säen, indem man eine Frau stellvertretend für einen ganzen Mob an den Pranger stellt, ist nicht die Lösung, sondern ein weiteres Problem. Und an dieser Stelle sei betont, dass wir diese Frau, die ohne Vorwarnung den Fans von Mester und Rütter zum Fraß vorgeworfen wird, inhaltlich nicht verteidigen. Absolut nicht.
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Gute Sache von Martin Rütter, falscher Weg
Die Sorge ist jedoch berechtigt, dass Menschen, die durch Martin Rütters Video emotional aufgewühlt werden, für „die gerechte Sache“ in den Ring steigen. Es sind keine Richter, die abwägen und ein angemessenes Strafmaß suchen, es ist eine aufgestachelte Meute, die Selbstjustiz verüben will.
Es hätte durchaus gereicht, ihren Vornamen zu veröffentlichen und darauf hinzuweisen, dass sie Kinderkrankenschwester sei. Martin Rütter hätte auch direkt der Berliner Ärztekammer Bescheid geben können, dass er es unverantwortlich findet, dass eine Person, die scheinbar über kein Sozialempfinden verfügt, die Ausbildung von Pflegepersonal übernimmt.
Mathias Mester wird übel beleidigt
Wer sich dafür einsetzt, dass die Welt offener und toleranter wird, kann nicht einfach unbedacht das Leben eines anderen Menschen zerstören. Die Frau wird vermutlich Aufträge verlieren und als Kinderkrankenschwester lange Zeit nicht arbeiten können. Vielleicht werden sich auch Freunde von ihr abwenden. Vielleicht hat sie das verdient, vielleicht aber auch nicht. Sie hat Persönlichkeitsrechte und Zivilrechte, so ungerecht das manchen Menschen auch erscheinen mag.
Noch einmal: Damit soll keineswegs entschuldigt werden, was diese Person getan hat. In ihrer öffentlichen Kritik an Mathias Mester begibt sie sich auf das unterste Niveau von Beleidigungen und Geschmacklosigkeiten. Sie spricht von „Behindertenpunkten“, die Mesters für seine angeblich schlechte Leistungen eingeheimst habe und behauptet, Profitänzerin Renata Lusin (34) würde im wahren Leben – ohne Gage –an Mathias Mester vorbeigehen.
Keiner hält Martin Rütter auf
„Renata wird auch froh sein, wenn sie diesen Krüppel vom Hals hat“, behauptet sie auch und es ist verständlich, dass Martin Rütter das so nicht stehen lassen will. Nur begibt er sich durch seinen Rachefeldzug genau wie diese Frau auf einen Irrweg. In den Kommentaren erntet der TV-Star trotzdem fast nur Zuspruch und das ist beängstigend.
Es gibt tatsächlich nur ganz vereinzelt Menschen, die finden, dass Martin Rütter zu weit gehe. „Man muss sich nicht alles gefallen lassen, nur weil man in der Öffentlichkeit steht“, schreibt beispielsweise eine junge Frau, „aber quasi einen Mob aufzuwiegeln, ist auch nicht in Ordnung.“ Für diesen Hinweis wird sie von den meisten anderen Fans ausgebuht.
Entschuldigung der Pöblerin liegt vor
Die Mester-Pöblerin, die nun vermutlich erfahren hat, wie schnell der Hass im Netz ins wahre Leben schwappen kann, hat sich in der Zwischenzeit an das Magazin „Stern“ gewandt: „Ich möchte mich bei Ihnen in aller Form entschuldigen. Es tut mir sehr leid, dass ich Sie gekränkt und verletzt habe“, schreibt sie in ihrer Mail, die eigentlich an Mathias Mester gerichtet ist, den sie aber natürlich nicht einfach ausfindig machen konnte. Promis wissen sich zu schützen.
Weiter beteuert sie, dass sie gar nicht wisse, was in sie gefahren sei und sie sieht ihren Fehler voll und ganz ein. Doch wen interessiert das noch? Es wäre an Martin Rütter, diese Entschuldigung anzunehmen und zuzugeben, dass auch er über das Ziel hinausgeschossen ist. Das wird das Leben der Frau nicht gleich wieder ins Lot bringen, aber der Meute zeigen, dass Hass im Netz nichts zu suchen hatte. Egal, wie sehr man sich auf der richtigen Seite wähnt.
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Gesetzgebung gegen Hass im Netz
„Ich finde wir müssen jetzt alle aufstehen und dazu beitragen, dass wir diese Diffamierung, diese Diskriminierung, dieser Hass und diese Wut, die im Internet herrscht, wirklich auch angehen“, sagt Martin Rütter. Aber bitte nicht auf diese Weise, sondern mit der Stärkung einer Gesetzgebung, die Pöbeleien und Diffamierungen unter Strafe stellt und das Recht durchsetzbar macht.