Nach wie vor ein TabuthemaPhilipp Lahm rät Profispielern vom Outing ab

Philipp Lahm rät Profispielern vom Outing ab
Philipp Lahm rät Profispielern vom Outing ab

IMAGO / Sven Simon

Redaktion KuTRedaktion KuT | 17.02.2021, 12:49 Uhr

Philipp Lahm rät homosexuellen Fußballprofis davon ab, sich zu outen. In seinem neuen Buch ,,Das Spiel: Die Welt des Fußballs'' erklärt er ausführlich, warum.

Im 21. Jahrhundert sollte Homosexualität eigentlich kein Tabuthema mehr sein. Doch ist das wirklich so? Gerade Personen, die in der Öffentlichkeit stehen und damit für viele ein Vorbild sein könnten, tun sich nach wie vor verdammt schwer, sich zu outen. Zu groß ist die Sorge, dass sich ein Coming-out negativ auf die Karriere auswirken könnte.

Massen-Outing in der Film-Branche

Wenigstens in der Film-Branche scheint sich diesbezüglich ein Wandel anzubahnen. Erst vor Kurzem haben sich knapp 185 Frauen und Männer aus dem Business auf einen Schlag zu ihrer Sexualität bekannt. Im Profifußball herrschen dagegen fast noch mittelalterliche Zustände. In seinem neuen Buch ,,Das Spiel: Die Welt des Fußballs“ appelliert Ex-Nationalspieler Philipp Lahm jedenfalls an die betroffenen Sportler, ihre Orientierung zumindest während ihrer Karriere auch weiterhin für sich zu behalten.

Philipp Lahm rät Fußballern davon ab, sich zu outen

Foto: C.H. Beck

Spieler würden nicht unbeschadet davon kommen

Mutig, wenn man bedenkt, dass sich aktuell eigentlich zahlreiche Promis für mehr Diversität aussprechen. Nach rund 20 Jahren als Profi weiß der gebürtige Münchner allerdings auch genau, wie die Branche tickt und welche Folgen einem Fußballer im Falle eines Outings drohen könnten.

,,Es mag Städte und Vereine geben, wo solch ein Coming-out eher möglich wäre als anderswo – vielleicht in Berlin, vielleicht bei St. Pauli, vielleicht in Freiburg. Aber gegenwärtig schienen mir die Chancen gering, so einen Versuch in der Bundesliga mit Erfolg zu wagen und nur halbwegs unbeschadet davonzukommen“, schreibt Lahm.

Philipp Lahm rät Fußballern davon ab, sich zu outen

IMAGO / Avanti

Das Echo homophober Zuschauer

Dabei spielt nicht nur die mangelnde Akzeptanz von Mitspielern eine Rolle, sondern auch die Reaktionen der Zuschauer in den Stadien. ,,Es mag sein, dass ein Sportler die nötige Reife dafür hat und – wenn er viel Glück hat – auch auf die nötige Toleranz in seinem unmittelbaren sportlichen Umfeld stößt. Aber er wird nicht mit der gleichen Reife bei allen Gegnern im Sport und ganz sicher nicht in allen Stadien rechnen dürfen, in denen er antritt.“

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Rassistische Äußerungen sind keine Seltenheit

Weiter erklärt Lahm: ,,Personen mit menschenverachtender Gesinnung finden sich natürlich auch unter den Zehntausenden, die in einem Fußballstadion zusammenkommen. Unerkannt und aus der Masse heraus würden sie dort einen Spieler mit einer öffentlich bekannt gemachten anderen sexuellen Orientierung als der gemeinhin akzeptierten mit gebrüllten Beleidigungen, Beschimpfungen und diffamierenden Äußerungen bedenken.“ In der Vergangenheit kam es immerhin auch zu zahlreichen Vorfällen, in denen Spielern mit Migrationshintergrund rassistische Äußerungen von den Rängen zugerufen worden sind.

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Thomas Hitzlsperger hat diesen Schritt gewagt

Einer der diesen Schritt dennoch dem Ende seiner Karriere gewagt hat, war im Jahr 2014 Thomas Hitzlsperger. ,,Ich äußere mich zu meiner Homosexualität. Ich möchte gern eine öffentliche Diskussion voranbringen – die Diskussion über Homosexualität unter Profisportlern“, sagte er damals gegenüber der ,,Zeit“. Damit war er der erste prominente Profifußballer, der sich hierzulande geoutet hat – und bisher auf der einzige.

Wenn dann nach der Karriere

Philipp Lahm ist der Meinung, dass der Vorstandschef des VfB Stuttgart damit den richtigen Zeitpunkt abgewartet hat: ,,Mir scheint es lebensklug, dass Thomas Hitzlsperger erst nach Beendigung seiner Laufbahn als aktiver Fußballprofi den Schritt gewagt und seine Homosexualität öffentlich gemacht hat.“

Dennoch hofft auch Philipp Lahm darauf, dass sich der Trend für Diversität zu stehen bald auch im Profifußball abzeichnet. ,,Wir müssen das als Gesellschaft regeln. Ich würde es mir wünschen, dass die Gesellschaft ganz normal, so wie es sein sollte, auf Homosexualität im Profifußball reagiert.“

Darum gehts außerdem

Neben der Homosexualität widmet sich Philipp Lahm in seinem Buch außerdem sportspezifischen Schwerpunkten wie Athletik, Ballbeherrschung und Ernährung. Ein rundum gelungener und umfassender Einblick in die Welt des Profifußballs.

,,Das Spiel: Die Welt des Fußballs“ erscheint am 22. Februar unter der ISBN 978-3-406-75622-1 im C.H. Beck-Verlag.

(JuC)